Aus Autoritäten
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Repertorium der mittelalterlichen Autoritäten

Lübeck Stadtbibliothek, Ms. theol. germ. 2° 1
Umfang 284 Bll., hier Bl. 276vb-278va
Datierung um 1470 (Hoffmann, S. 89); 1460-1470 (nach den Angaben von Paul Hagen zu den Hss. gleicher Provenienz, i.e. Michaeliskonvent)
Schreiber
Schreibsprache nordnd. - die Handschrift stammt aus dem Michaeliskonvent (Schwestern vom gemeinsamen Leben. i.e. [Augustinerinnen); bei der Aegidienkirche in Lübeck
Inhalt Sammelhandschrift erbaulichen Inhalts; identischer Inhalt in der Handschrift Dn (Deutsch-Nienhof, Cod. 199)

Palmbaumtraktat, Auszüge aus den 'Vitaspatrum' und dem 'Kleinen Seelentrost' (Beicht-, Kloster-, Jungfrauen-, Witwen- und Ehespiegel -276vb) , ein "bisprake" ("Wult du dogentsam werden so volge myner lere ..."), 'Jammerruf des Toten' (279r/v)

Anzahl und Form 37 Vierzeiler
Repertorien Freidanksprüche in Nr. 14, 15 und 17; Freidank zugeschriebene Sprüche: Nr. 5, 27, 33:

Marburger Repertorium der Freidank-Überlieferung und Handschriftencensus

Katalog
  • Hagen, Paul: Die deutschen theologischen Handschriften der Lübeckischen Stadtbibliothek. Lübeck 1922 (= Veröffentlichungen der Stadtbibliothek der freien und Hansestadt Lübeck 1,2), S. 1 f. [online]
Archivbeschreibung Paul Hagen (Sept. 1906) 52 Bll.
Literatur
  • Fligge, Jörg; Mielke, Andrea und Schweitzer, Robert: Die niederdeutschen Handschriften der Stadtbibliothek Lübeck nach der Rückkehr aus kriegsbedingter Auslagerung: Forschungsbilanz nach einem Jahrzehnt (mit einer Liste aller niederdeutschen Handschriften, in: Vulpis Adolatio. Festschrift für Hubertus Menke zum 60. Geburtstag. Hrsg. von Robert Peters u.a. Heidelberg 2001, S. 183-237, hier S. 186.
  • Franke, Ruth: Peter van Zirns Handschrift. Ein deutsches Schulbuch vom Ende des 15. Jh. Berlin 1932 (= Germanische Studien 127), S. 24.
  • Heiser, Ines: Autorität Freidank. Studien zur Rezeption eines Spruchdichters im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Tübingen 2006 (= Hermaea N.F. 110), S. 36 f. (Sigle Lü).
  • Hofmann, Werner: Die ripuarische und niederdeutsche "Vitaspatrum"-Überlieferung im 15. Jahrhundert. In: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 116 (1993), S. 72-108, hier: S. 87-89, 97, 106.
  • Roth, Gunhild Roth und Honemann, Volker (Hrsg.): Jammerrufe der Toten. Untersuchung und Edition einer lateinisch-mittelhochdeutschen Textgruppe, Stuttgart 2006 (= ZfdA, Beiheft 6), S. 43.
Anschrift Stadtbibliothek Lübeck, Hundestraße 5-17, 23539 Lübeck
Bearbeiter Ulrich Seelbach (29.03.09)


Transkription

<276vb>


(1) Salmon de sprekt aldus

Aller wysheyt ey(n) fundame(n)t

is dat men god leff heft vn(de) bekent

vn(de) ambede ene(n) god

vn(de) holde sy(n) geboet


(2) Sunt jeronimus sprekt

De na der werlde gud vn(de) ere steyt

vn(de) deme dat wol in sinen sunden geyt

Dat is <277ra> en teken gewysse

siner selen vordomenisse etc.


(3) Dauid sprekt aldus

wat schal rikedom vn(de) gud

Sint iu <?>  ju(m)mer sterue(n) mo+et

Tiitlik gud kumpt vn(de) wart <sic!>

de ewige vroude alle tijd wart


(4) Aristotiles sprekt aldus

De sine hopene in rikedom leyt

de nympt en ydel ende

de grauer sint sin v(m)mecleyt

vn(de) de helsche pyne ane ende


(5) Vrigdanck sprek aldus

Men boue(n) al schole gy kere(n)

juwe mildicheyt to godes ere(n)

Dar af kamet lon boue(n) tal

Dat ewichlike(n) bliue(n) schal


(6) Grego(r)i(us) sprekt dar to aldus

Jk hebbe gud dat is nicht myn

Ach god wes mach dat de(n)ne sin

Dat steit nicht mer in my(n) gebot

Dan ik vortere vn(de) geue dor god

   

(7) Su(n)te joh(ann)es sprekt ald(us)

So we de werlt also vt kust

Dat he gode dar mede vorlust

Vn(de) it denne kumpt an scheyde(n)

So is he quijt van beyden


(8) Su(n)te Bernard(us) secht so

Sint de doet nema(n)de en schonet

We schal de(n)ne de werlt beleue(n)    *belêven, ‘lieb haben’

We(n)te seldene jema(n)de lonet

Ere lon is dat bedregent        *bedrêgen, ‚betrügen‘


(9) Salomo(n) secht dar to aldus

Alle der werlt wish(eyt) lich an eneme sy(n)ne

Dat wy vns keren in de ewicheyt

wy mote(n) yo va(n) hy(n)nen

Wente alle vnse kunst an vns <vor>gheyt


(10) Ambrosius sprekt aldus

O du eddele creature

wultu myt gode vor enyget syn

So dode <277rb> dine bose nature

Vn(de) se an den adel der sele din  


(11) Bernardus de sprekt ald(us)

Alle dat quaet dat wy dulde(n)

Dat is vnser sunde schult

Dede wy also wy scholden

God de were vns ju(m)mer holt


(12) Su(n)te peter secht aldus

wultu beholde(n) dat ewige leue(n)

So vle quaet vn(de) holt dy in dogede(n) gar euen.

We(n)te de wo(n)h(et) doge(n)tlike(n) sake(n)

de kan de nature nicht anders make(n)


(13) Katho sprekt aldus

Gedencke wat du ge wese(n) bist vn(de) noch scholt werde(n)

Du sist junk efte olt vp der erden

Settestu dar an dine(n) sin

De doest der sunde vele de myn


(14) Seneca sprek aldus

Dat sunde nene sunde were

Nochte(n) were se vnmere

Dorch ere gro<te> vnvledicheyt

Dat bewiset my myne beschede(n)h(eyt)         = Freidank 40,5-8


(15) Bernard(us) secht aldus

Dat is en hillich viredach

also me(n) van den sunde(n) viren mach         = Freidank 36,23f.

de doget boue(n) allen dogeden geyt

De sine(n) bosen wille(n) wedder steyt         =  Freidank 54, 5+4


(16) Salomo(n) secht

Salomon sprek de wise he(re)

Nen dink hatet god mere

dan houart dat vor stad

Wente se boue(n) alle sunde gad


(17) Dauid secht dar to

We de desse korte tijd

vor de ewige vroude geyt

de heft sik sulue(n) sere bedroghen

vn(de) ty(m)mert vp den regens baghen etc.    = Freidank 1,7-10

<277va>


(18) Sunte Thomas secht aldus

Wy sint hir vromede geste

Vn(de) ty(m)mere(n) grote veste

My dunket dat wy nichte(n) mure(n)

Dar wy ewichlike(n) scholen dure(n)


(19) Sunte pawel secht aldus

So we deme geyste in der warh(eyt) louet

De en mach nicht vorderue(n)

Men we na lust des vlesches streuet

de mot ewichlike(n) steruen


(20) Vnse leue here secht aldus

Dit sprekt god de here

De otmodich vn(de) duldich were

Vn(de) sulue(n) wolde beke(n)nen sich

De my(n)sche were salich


(21) De gude job sprekt aldus

Wes gherne alleyne

Vn(de) holt dyne dancke(n) reyne

Vn(d)e holt vor oge(n) de teyn geboth

Vn(de) boue(n) alle beke(n)ne god


(22) Dauid secht ald(us) dar to

Gud vn(de) lant mote wy begeue(n)

Vnse daet volget vns na desse(m) leue(n)

Hir v(m)me do alle dink in dat beste

Bechte ofte dat si alle dage dyn leste


(23) Sunt Augustin(us) secht

My en wart ny beter dink beka(n)t

Also ik my kan vor syne(n)

Dan de horsamicheyt in ordens bant

Vn(de) dat sche in rechte mynne


(24) Ysayas secht aldus

De dar drecht va(n) bute(n) den schin

van gheprouede(n) orde(n)

En drecht he nicht de leue in deme herte(n) sin

sine sele were vor dorue(n)


(25) Augustin(us) de secht

Wo dorstu dar jnne leue(n)

Vn(de) myt sodane(n) sunde(n) to bedde gan

Dar du node woldest jnne sterue(n)

jn alle dyne(n) werke(n)

So scholtu den ende merken

<277vb>


(26) Sunte jeronimus secht aldus

Also du scholt sterue(n) wattu dan

scholdest willen dattu haddest gedan

De wile du sunt bist wiseste ma(n)    *wisse, ‚zuverlässig, fest‘

des scholttu nu in desser tijd besta(n)


(27) Vrigdanck secht aldus

Na deme dat recht vn(de) beschede(n)h(eyt)

der dogede crone(n) dreyt

so en kan ik nicht beters gelese(n)

Dan woldon vn(de) vrolik wesen


(28) Bernhard(us) secht ald(us)

De nichte(n) hore(n) den ste(m)pne(n) der arme(n)

Vn(de) let sik erer gebrek nicht entfame(n) = entvermen, ‚Mitleid einflößen, erbarmen‘

Den wil god horen neyt

wan he kumpt in groet vor dreyt


(29) Jeronimus de sprek aldus

Sint dat alle werke mote(n) lon entfan

So is gud wol ge dan

wat licht dar an wo du leuest vp erde(n)

vp dattu ewich mogest salich werden


(30) Sunte Augustin(us) s<e>cht

Ghedencke wy an den ju(n)geste(n) dach

Also me(n)nich schriet o we o wach

Dar en jewelik mot rede gheue(n)

wat he began heft in syneme leue(n)


(31) Vnse leue here god secht

Also dane richte wil ik dy geue(n)

Also du vor denest in dyne(m) leue(n)


(32) Jheremias sprekt aldus

Alle de woldaet hebbe(n) begangen

De gan in de ewige(n) salicheyt

De bosen mote(n) gan ge vangen

Jn dat vur dat nu(m)mer vorgeyt


(33) Vridanck secht aldus

Vele jaget vn(de) nicht ge van

Vele horet vn(de) nicht vor stan

Vele ge seen sunder merke

Dat sint alle vor lorene werke

<278ra>


(34) Aristotiles sprek aldus

Jn lere licht wisheyt

Jn lere licht salicheyt

Jk rade elke(n) dat he lere

Dar ane he vinde godes loff vnde ere


(35) Moyses leret aldus

Hebbe boue(n) alle dink leff gode

Vn(de) holt sine gebode

Vn(de) do dynen eue(n) my(n)schen so

So du wult dat men dy do


(36) Salomon sprekt

Aller werlde wisheyt

licht an eyne(m) synne

dat wy vns kere(n) an de ewicheyt

wente wy moten jo van henne


(37) Jeremias de sprekt

Ach sere kort is vnse tijd

Vn(de) wo snel is de doet

Elk make sik va(n) sunde(n) quijt

So is he wijs vn(de) vroet