Sachbearbeitung im Prüfungsamt: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 6. Januar 2017, 09:48 Uhr
Auf dieser Seite befinden sich Informationen zu (prüfungs-)rechtlichen Fragen rund um Studium und Lehre für die Zielgruppe der Prüfungsämter.
Im Regelfall waren die hier dargestellten Aspekte Gegenstand der Fortbildung Sachbearbeitung im Prüfungsamt.
Bei Fragen und Anregungen steht Herr Bastian Simon (Justitiar, Dez. Studium und Lehre) gern zur Verfügung.
Führen von Prüfungsakten
Aus dem Rechtsstaatsprinzip leitet sich ab, dass öffentliche Stellen wie die Universität Akten führen. In Prüfungsakten werden alle wesentlichen Verfahrenshandlungen, die das Studium und die Erbringung von Leistungen betreffen, vollständig und nachvollziehbar nachgehalten. Nicht zur Prüfungsakte gehören Angelegenheiten des Studiums, die die Einschreibung betreffen. Weitere allgemeine Grundsätze der Aktenführung sind:
- die Pflicht, alle wesentlichen Verfahrenshandlungen wahrheitsgemäß aktenkundig zu machen (Gebot wahrheitsgetreuer Aktenführung),
- das grundsätzliche Verbot der nachträglichen Entfernung und Verfälschung von rechtmäßig erlangten Erkenntnissen und Unterlagen aus den Akten (Sicherung von Authentizität und Integrität) und
- das Gebot, den Aktenbestand langfristig, d.h unter Berücksichtigung der Richtlinien über Aufbewahrung, Aussonderung, Archivierung und Vernichtung von Akten zu sichern.
Aktenrelevant sind alle Aspekte, die für einen späteren Nachweis der Vollständigkeit und der Nachvollziehbarkeit von Handlungen und Entscheidungen sind.
Zu einer Prüfungsakte gehören grundsätzlich:
- alle Handlungen und Entscheidungen im Zusammenhang mit der Erbingung von Leistungen einschließlich etwaiger Vorgänge zu Nachteilsausgleichen, Fristverlängerungen, Rücktritten, etc. sowie die Prüfungs- und Studienleistungen selbst;
- Korrespondenz mit Studierenden z.B. wegen Bachelor- oder Masterarbeit;
- Vorgänge im Zusammenhangmit der Anerkennung von Leistungen und Einstufungen;
- Unterlagen im Zusammenhang mit der Abschlusserstellung sowie Abschlussdokumente.
An der Universität Bielefeld werden weite Teile der Prüfungsakte elektronisch in der BIS Prüfungsverwaltung geführt. Soweit sich hieraus die zuvor genannte Dokumentation ergibt, bedarf es keiner Doppelung in Papierform.
Die einzelnen Studien- und Prüfungsleistungen befinden sich im Regelfall bei den Lehrenden. Sofern die Leistungen nicht zurückgegeben werden, sind die Lehrenden für die vorgesehene Aufbewahrung von 5 Jahren verantwortlich.
Werden Schreiben an Studierende verschickt, wird eine Entwurfsfassung des Schreibens zur Prüfungsakte genommen. Auf dieser Entwurfsfassung wird vermerkt unter welchem Datum das Original erstellt wurde und es wird vermerkt wann es in die Post gegeben wurde. Die jeweilige Bearbeiterin / der jeweilige Bearbeiter zeichnet dies mit ihrem / seinem Kürzel ab.
Relevante E-Mails an Studierende werden als Ausdruck zur Prüfungsakte genommen.
Auf Schreiben von Studierenden wird - sofern durch die Poststelle nicht geschehen - das jeweilige Eingangsdatum vermerkt.
Akteneinsicht durch Studierende
Studierende haben jenseits der Möglichkeit Einsicht in ihre Studien- und Prüfungsleistungen zu nehmen auch Anspruch auf Akteneinsicht in ihre Prüfungsakte. Dies schließt grundsätzlich die Möglichkeit ein, Kopien zu anzufertigen.
Abgabefristen schriftlicher Prüfungsarbeiten
Der Prüfling hat sicherzustellen, dass Prüfungsarbeiten rechtzeitig eintreffen, das gilt auch für auf dem Postweg versandte Arbeiten. Dies gilt auch, wenn Arbeit im Ausland abgeschickt wird. Es kommt nicht auf das Datum des Poststempels, sondern auf das rechtzeitige Eintreffen im Prüfungsamt (oder jedenfalls in der Uni) an.
Täuschungshandlungen, Plagiate, TurnitIn
1. Täuschungshandlungen
Bei Täuschungshandlungen kann es nach Maßgabe der jeweiligen Prüfungsordnung Sanktionen bis hin zur Exmatrikulation geben.
Die Universität muss Täuschungshandlungen nachweisen und bis zu einem gewissen Grad beweisen. Es ist im Regelfall eine Anhörung der Studierenden vorgesehen. Es empfiehlt sich, in jedem Fall die zuständige Studiendekanin / den zuständigen Studiendekan einzubeziehen. Der Täuschungsversuch ist in der Prüfungsakte aktenkundig zu machen, aber auf keinen Fall im Transcript!
2. Plagiat
Prüfungsrechtlich ist ein Plagiat eine Form von Täuschung. Sanktionen kann es laut Prüfungsordnung und Hochschulgesetz nur bei Täuschungen geben. Art der Sanktion hängt von Schwere der Täuschung ab. Es gibt keinen Automatismus: Plagiat = nicht ausreichend / nicht bestanden. Es ist eine vollumfänglich Bewertung / Begründung erforderlich.
3. TurnitIn
Zum Nachweis von Plagiaten in begründeten Verdachtsfällen steht den Fakultäten die Plagiatserkennungssoftware Turnitin zur Verfügung. Bei Abschlussarbeiten und Modul(teil)prüfungen im Studienmodell 2011 ist eine Überprüfung durch Turnitin nur in begründeten Verdachtsfällen zulässig. Es muss also erst ein konkreter Verdacht bestehen, bevor man TurnitIn nutzen darf. Der Bericht von TurnitIn bedarf einer Bewertung. Die Anzeige von Fundstellen besagt noch nicht, dass es sich um ein Plagiat handelt, es könnte zum Beispiel ein wörtliches Zitat sein. Weitere Informationen finden sich hier.
Begründung von Bewertungen, Herausgabe von Gutachten
Studierende haben Anspruch auf eine Begründung von vorgenommenen Bewertungen und zwar nicht nur bei den Abschlussarbeiten.
"Die Bewertung und ggf. Benotung von Modulprüfungen oder Modulteilprüfungen ist den Studierenden jeweils spätestens sechs Wochen nach Erbringung der Modulprüfung oder Modulteilprüfung bekannt zu geben. Die erforderliche Begründung der Bewertung und ggf. Benotung ist den Studierenden zugänglich zu machen (§ 30). Soweit Gutachten vorliegen, sollen diese ausgegeben werden." (§ 14 Abs. 9 BPO 2011)
Durch den Verweis auf § 30 - Akteneinsicht - wird auch auf die dortige Option verwiesen, dass schriftliche Arbeiten an die Studierenden ausgehändigt werden können und dass damit zugleich das Recht auf Einsichtnahme erfüllt wird.
Im Prüfungsamt wird in der Regel nur das Prüfungsverfahren zur Abschlussarbeit begleitet. Folglich liegen auch nur die Gutachten zur Abschlussarbeit vor. Im Zusammenhang mit der Ausgabe von Gutachten sollte folgender Grundsatz beachtet werden: "'Originale' sollen zusammenbleiben". Erfolgt also keine Herausgabe der Arbeit, dann sollten auch nur Kopien der Gutachten herausgegeben werden.
Zuständigkeiten im Bachelor- Master- Studienmodell, Briefkopf
Formal zuständig im Verwaltungs- und Prüfungsrecht ist immer eine Behörde. In den Prüfungsordnungen sind zwei Behörden vorgesehen: Dekanin/Dekan und Ausschuss.
Der Ausschuss ist zuständig für Entscheidungen über Einwendungen und Widersprüche von Studierenden (Beispiele: Fehler im Prüfungsverfahren, unzufrieden mit Bewertung, Nichtgewährung von Fristverlängerung, Rücktritt, Nachteilsausgleich, Anerkennung.)
Die Dekanin / der Dekan ist - soweit es sich um eine Angelegenheit der Fakultät handelt - als Behörde für alle anderen Angelegenheiten rund um das Studium zuständig. Die Dekanin / der Dekan kann Aufgaben delegieren und zwar auf die Studiendekanin / den Studiendekan, eine Hochschullehrerin / einen Hochschullehrer oder auf einen Ausschuss. Delegation meint, dass Entscheidungen eigenverantwortlich von diesen "Delegierten" getroffen werden.
Werden Entscheidungen von "Delegierten" getroffen, die in die Zuständigkeit der Behörde Dekanin / Dekan fallen, erfolgen sie also "im Auftrag" der Dekanin / des Dekans. Bei Entscheidungen, die schriftlich mitgeteilt werden, ist also der Briefkopf "Dekanin / Dekan" zu verwenden und "im Auftrag" zu unterschreiben. Das gilt auch für alle Entscheidungen, die über das Prüfungsamt mitgeteilt werden.
Der Briefkopf des Prüfungsamtes trägt neben dem Unilogo unter der Angabe der Fakultät den Hinweis "Die Dekanin" oder "Der Dekan". Im rechten Feld stehen dann die Angaben "Prüfungsamt" und zur Person.
Zweitschrift von Abschlussdokumenten
- Voraussetzung: Schriftliche, glaubhafte Erklärung, dass Original verloren gegangen ist.
- Anforderungen an Zweitschriften:
- Kennzeichnung als Zweitschrift (engl.: duplicate), keine Unterschrift, sondern „gez.“, Bestätigungsvermerk des Prüfungsamtes mit Unterschrift und Siegel
- „Die Übereinstimmung dieser Zweitschrift mit dem Original wird hiermit bestätigt. Bielefeld, den (Funktion / Unterschrift / Siegel)“
- „It is hereby certified that this duplicate corresponds to the original. Bielefeld, (date / function / signature / seal)”
Eine Gebührenerhebung ist nach der Gebühren- und Beitragssatzung der Universität Bielefeld vorgesehen.
Rücknahme von Entscheidungen am Beispiel von Abschlussdokumenten
Entscheidungen (Verwaltungsakte) einer Behörde können zurückgenommen werden, wenn diese rechtswidirg, d.h. fehlerhaft sind. Zeugnisse und sonstige Abschlussdokumente sind ebenfalls Entscheidungen / Verwaltungsakte. Allerdings berechtigt ein Fehler nicht direkt dazu, Abschlussdokumente zurückzufordern und ggf. eine korrigierte Version auszustellen. Vielmehr ist ein gesondertes Rücknahmeverfahren erfoderlich. Auf ein solches Verfahren kann grundsätzlich nur dann im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Studierenden verzichtet werden, wenn sich ein ganz offensichtlicher Fehler in ein Abschlussdokuement eingeschlichen hat und eine Neuausstellung im Interesse der oder des Studierenden liegt (Beispiel: Name falsch geschrieben).
Hinweise und Verfahrensablauf:
- Zuständig für Rücknahme ist die Erlassbehörde, d.h. im BA/MA Studienmodell Dekanin oder Dekan.
- Ein Abschlussdokument „kann“ zurück genommen werden, d.h. es ist eine Entscheidung nach pflichtgemäßen Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls aber mit Blick auf eine einheitliche Verwaltungspraxis zu treffen; d.h. es gibt keinen Automatismus fehlerhaft/rechtswidrig = Rücknahme!
- Soll eine Rücknahme erfolgen ist eine schriftliche Anhörung zur beabsichtigten Rücknahme erfoderlich. In dieser wird dargelegt, warum das Abschlussdokument fehlerhaft = rechtswidrig ist und warum beabsichtigt ist, dieses zurückzunehmen. Es wird die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt, sich innerhalb einer gewissen Frist zu äußern.
- Die Rücknahmeentscheidung wird unter Berücksichtigung der Stellungnahme getroffen.
- Es ergeht ggf. ein förmlicher Rücknahmebescheid. Stichworte zur Ausgestaltung des Bescheides:
- (Erneute) Darlegung des Sachverhaltes
- Begründung warum Rücknahme erfolgt unter Berücksichtigung der Stellungnahme
- Rückforderung des Abschlussdokuments samt erstellter Kopien
- ggf. Hinweis auf Ausstellung eines neuen Abschlussdokuments
- Rechtsbehelfsbelehrung - Klage
- Folgen der Rücknahme: ggf. Ausgleich des Vermögensnachteils
- Entgangenes Arbeitsentgelt
- Semesterbeitrag bei Verlängerung des Studiums