Gkl:text:kap18: Unterschied zwischen den Versionen

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==== Das Achtzehend Capitel. ====
== Das Achtzehend Capitel. ==


''' Wie Gargantua andern Lehrmeistern ward vntergeben/''' die vber einen andern Leyst jhm richteten sein Leben.
''' Wie Gargantua andern Lehrmeistern ward vntergeben/'''  
die vber einen andern Leyst jhm richteten sein Leben.


(1) '''D''' '''ES Gargantuwalds Vatter sahe wol/ daß sein''' schoͤner '''Filius am <an> jhm nichts ließ erwinden allen fleiß fuͤrzuwenden/''' vnnd keinstund hinschleichen ließ/ darinn er nit ein Lini zog/ vnd solter auch schon mit dem ''Rastro'' sechs gemacht haben: '''aber das er gleichwol nichts zu hoͤherer kuͤnst verstand fortstieg/ sonder nurwuchse''' wie ein Eselsohr in eim Negelinhafen/ '''jhe lenger jhe Naͤrrischer/ward''' mit gewalt '''zu eim''' Stockfisch/ Plateisel/ '''Toͤlpel/Fantasten/''' vnnd sonst nichts fast. '''Dessen beklagt sich der gutMann''' auff ein zeit '''bey dem Dom Philippo von Marach/ Vicekoͤniginn Papeligosse/ der gab jhm zuverstehen/ daß jhm schier nutzerwer nichts zulehrnen/ als zulehrnen das jhm nichts nutz wer:'''Dann sprach er <er/> '''was sind diser''' Fretter '''Kuͤnst als Kuntzenwerck'''vnnd Kuͤhdunst/ '''jhr Weißheit ist Schmeißheit/''' jr klugheitLugheit/ '''damit sie''' die Kinder/ wie mit dē Winterhaͤndschuhenschrecken/ '''die gute Edele Geyster verbastarten/ vnd die gantzeBluͤhe der Jugend''' vergifften/ '''ersticken/''' der flor deflorirē erfroͤrē''<277>''vnnd versehren. '''Daß jhm also/ nempt mir einen jungen Knaben vondiser jetzigen jungen Welt/ der allein zwen Monat gestudiert/ dawett ich/ wa er nicht ein besser Vrtheil/ bessere Gesprechlichkeitvnd bessere''' Zuberclausische '''zufaͤll''' in eim Jtem/ '''als euwerSon''' inn vielen summarum hab/ '''auch baßgeberdiger vnnd ehrenerbietigerseie: vnnd wa es nicht war/ will ich mein Lebenlang ein'''Mechelburgischer Schunckenmadenfresser vnd '''Speckhecker auß Engernbleiben. Welchs dem Grandgusier maͤchtig wol geful/ vnndbefahl alsbald/ daß mans versuchte.'''
(1) '''D''' '''ES Gargantuwalds Vatter sahe wol/ daß sein''' schoͤner '''Filius am <an> jhm nichts ließ erwinden allen fleiß fuͤrzuwenden/''' vnnd kein
stund hinschleichen ließ/ darinn er nit ein Lini zog/ vnd solt
er auch schon mit dem ''Rastro'' sechs gemacht haben: '''aber das er gleichwol nichts zu hoͤherer kuͤnst verstand fortstieg/ sonder nur
wuchse''' wie ein Eselsohr in eim Negelinhafen/ '''jhe lenger jhe Naͤrrischer/
ward''' mit gewalt '''zu eim''' Stockfisch/ Plateisel/ '''Toͤlpel/
Fantasten/''' vnnd sonst nichts fast. '''Dessen beklagt sich der gut
Mann''' auff ein zeit '''bey dem Dom Philippo von Marach/ Vicekoͤnig
inn Papeligosse/ der gab jhm zuverstehen/ daß jhm schier nutzer
wer nichts zulehrnen/ als zulehrnen das jhm nichts nutz wer:'''
Dann sprach er <er/> '''was sind diser''' Fretter '''Kuͤnst als Kuntzenwerck'''
vnnd Kuͤhdunst/ '''jhr Weißheit ist Schmeißheit/''' jr klugheit
Lugheit/ '''damit sie''' die Kinder/ wie mit dē Winterhaͤndschuhen
schrecken/ '''die gute Edele Geyster verbastarten/ vnd die gantze
Bluͤhe der Jugend''' vergifften/ '''ersticken/''' der flor deflorirē erfroͤrē
''<277>''
vnnd versehren. '''Daß jhm also/ nempt mir einen jungen Knaben von
diser jetzigen jungen Welt/ der allein zwen Monat gestudiert/ da
wett ich/ wa er nicht ein besser Vrtheil/ bessere Gesprechlichkeit
vnd bessere''' Zuberclausische '''zufaͤll''' in eim Jtem/ '''als euwer
Son''' inn vielen summarum hab/ '''auch baßgeberdiger vnnd ehrenerbietiger
seie: vnnd wa es nicht war/ will ich mein Lebenlang ein'''
Mechelburgischer Schunckenmadenfresser vnd '''Speckhecker auß Engern
bleiben. Welchs dem Grandgusier maͤchtig wol geful/ vnnd
befahl alsbald/ daß mans versuchte.'''


(2) '''Auff den Abend zu dem Nachtjmbiß/ fuͤrt der von Marias <Marais>seiner Jungen einen von Gongewiler genannt Eudemon Wolbegeisthinzu/ so wol begnadet/ guts Kopffs/ so Bossenschicklich/so schoͤn rein abgestaͤubet/ vnd inn seinen Geberden so holdselig/das er viel meher einē kleinen Engelchen''' vō Fron Altar '''als eimMenschen aͤnlichet. Sprach darnach zu dem Grandgoscher/ Secht jhrdas jung Kind? es traͤgt noch nicht gar zwoͤlff Jar auff jhm: Nunlaßt vns/ wann es euch gelust/ ein versuchens vnderstehen/ wasvnderscheyds sey zwischen euerē Matheologischen Kuͤnsthuͤmplern/'''Weißheitverkauffern vnnd Fantasten '''auß der alten Welt/ vnd denjungē Leuten dises vnserē Neuen wesens. Diß fuͤrnem̅en gefulvnserm Herrn vō der Großgoschē vn̅ hieß den jungen Knaben gleichsein Sach vortragen. Hierauff bat Eudemon zuforderst seinen''' Herrenden '''Koͤniglichen Statthalter vmb erlaubnuß solches zuthun/sein Huͤtlin inn der Hand''' staͤtt '''haltend/ mit auffrechtem sittigemAntlitz/ doch etwas jugendgemaͤser schamerroͤtung/ mit vnerschrockenēstaͤtē augē/ sein gesicht vff dē Gargantua richtend/''<278>''nicht daß er''' sich vom ort verwendt/ oder '''die fuͤß/''' nach Storckenart/ wie die Schmid die Blasbaͤlg/ '''abgewechsselt hette.'''
(2) '''Auff den Abend zu dem Nachtjmbiß/ fuͤrt der von Marias <Marais>
seiner Jungen einen von Gongewiler genannt Eudemon Wolbegeist
hinzu/ so wol begnadet/ guts Kopffs/ so Bossenschicklich/
so schoͤn rein abgestaͤubet/ vnd inn seinen Geberden so holdselig/
das er viel meher einē kleinen Engelchen''' vō Fron Altar '''als eim
Menschen aͤnlichet. Sprach darnach zu dem Grandgoscher/ Secht jhr
das jung Kind? es traͤgt noch nicht gar zwoͤlff Jar auff jhm: Nun
laßt vns/ wann es euch gelust/ ein versuchens vnderstehen/ was
vnderscheyds sey zwischen euerē Matheologischen Kuͤnsthuͤmplern/'''
Weißheitverkauffern vnnd Fantasten '''auß der alten Welt/ vnd den
jungē Leuten dises vnserē Neuen wesens. Diß fuͤrnem̅en geful
vnserm Herrn vō der Großgoschē vn̅ hieß den jungen Knaben gleich
sein Sach vortragen. Hierauff bat Eudemon zuforderst seinen''' Herren
den '''Koͤniglichen Statthalter vmb erlaubnuß solches zuthun/
sein Huͤtlin inn der Hand''' staͤtt '''haltend/ mit auffrechtem sittigem
Antlitz/ doch etwas jugendgemaͤser schamerroͤtung/ mit vnerschrockenē
staͤtē augē/ sein gesicht vff dē Gargantua richtend/''<278>''
nicht daß er''' sich vom ort verwendt/ oder '''die fuͤß/''' nach Storcken
art/ wie die Schmid die Blasbaͤlg/ '''abgewechsselt hette.'''


(3) '''Nach dem''' er sich also inn dē Bossen geschickt/ '''fieng er an'''mit zuͤchtiger geberdung/ wie seinem Alter gezimmet/ '''den''' halbverzuckten '''Gargantubald''' hoͤchlich '''zuloben vnnd zuerheben/''' (wieman dann pflegt/ wann man ein traͤgen will wacker wecken) '''erstlichwegen seiner''' hohen '''tugend/ demnach seines''' von Natur hoch'''erleuchten/''' vn̅ durch ergreiffung guter Kuͤnst vnd vieler erfahrenheitgemehrten vnd außbalierten '''verstands/ nachgehends seinesAdels/ folgends seiner''' anmuͤtigen freundlichen '''schoͤner gestallt.Vnnd nach allem ermanet er jhn mit sanfften worten/ seinem Vatterinn aller''' Kind '''gebuͤrlicher erherbietung vorzugahn/ weil erjn wol zu vnterrichtē kein fleiß noch muͤh spare. Beschließlichbat er dienstlich/ vnter seine geringste Diener jhn zurechenenvnnd auffzunemmen/ dann groͤsser gnad koͤndt jm fuͤr dißmal nichtwiderfarē/ als wā er so viel gnaden''' bei seiner Durchleuchtigkeit'''koͤndt erheben/ daß er dero wolgefaͤllige dienst koͤndt erweisen.Diß alles ward von jm mit so artlichen''' vn̅ sachgemaͤsen '''geberdendargethan/ mit so deitlicher red fuͤrgebrachte <fuͤrgebracht/>beredfertiger Zung außgesprochen/ mit zierlichem gutem Teutschvnd Latin erkleret/ dz er sich eher einē Gracho/ einē Cicero'''<Cicero/> einem Paͤpstlichen od' Koͤniglichē ''Oratori,'' Sadoleto/Bembo/ Longolio/ Mureto/ '''als eim jungen Knabatzen diser neulicherēzeit het moͤgē vergleichen. Hingegē wußt sich Gargantuanicht anders zustellen/ als dz er/''' all dieweyl der redet/ greinetvnnd '''weynet wie ein''' sieche '''Kuh/ vund <vnnd> das gesicht hindersein Huͤtlein verbarg. Vnnd war vnmoͤglich ein einiges ''<279>''woͤrtlin von jhm zubringen/ vil minder als ein furtz von eim todtenEsel.'''
(3) '''Nach dem''' er sich also inn dē Bossen geschickt/ '''fieng er an'''
mit zuͤchtiger geberdung/ wie seinem Alter gezimmet/ '''den''' halb
verzuckten '''Gargantubald''' hoͤchlich '''zuloben vnnd zuerheben/''' (wie
man dann pflegt/ wann man ein traͤgen will wacker wecken) '''erstlich
wegen seiner''' hohen '''tugend/ demnach seines''' von Natur hoch
'''erleuchten/''' vn̅ durch ergreiffung guter Kuͤnst vnd vieler erfahrenheit
gemehrten vnd außbalierten '''verstands/ nachgehends seines
Adels/ folgends seiner''' anmuͤtigen freundlichen '''schoͤner gestallt.
Vnnd nach allem ermanet er jhn mit sanfften worten/ seinem Vatter
inn aller''' Kind '''gebuͤrlicher erherbietung vorzugahn/ weil er
jn wol zu vnterrichtē kein fleiß noch muͤh spare. Beschließlich
bat er dienstlich/ vnter seine geringste Diener jhn zurechenen
vnnd auffzunemmen/ dann groͤsser gnad koͤndt jm fuͤr dißmal nicht
widerfarē/ als wā er so viel gnaden''' bei seiner Durchleuchtigkeit
'''koͤndt erheben/ daß er dero wolgefaͤllige dienst koͤndt erweisen.
Diß alles ward von jm mit so artlichen''' vn̅ sachgemaͤsen '''geberden
dargethan/ mit so deitlicher red fuͤrgebrachte <fuͤrgebracht/>
beredfertiger Zung außgesprochen/ mit zierlichem gutem Teutsch
vnd Latin erkleret/ dz er sich eher einē Gracho/ einē Cicero'''
<Cicero/> einem Paͤpstlichen od' Koͤniglichē ''Oratori,'' Sadoleto/
Bembo/ Longolio/ Mureto/ '''als eim jungen Knabatzen diser neulicherē
zeit het moͤgē vergleichen. Hingegē wußt sich Gargantua
nicht anders zustellen/ als dz er/''' all dieweyl der redet/ greinet
vnnd '''weynet wie ein''' sieche '''Kuh/ vund <vnnd> das gesicht hinder
sein Huͤtlein verbarg. Vnnd war vnmoͤglich ein einiges ''<279>''
woͤrtlin von jhm zubringen/ vil minder als ein furtz von eim todten
Esel.'''


(4) '''Darab sein Vatter also erzoͤrnet/ daß er''' kurtzum '''den MeisterJobelin wolt vmbbringen/''' oder auffs gelindest mit jm zufahren/jn von den Schulknaben lassen mit Ruten außstreichen/ wie dieRoͤmer dem Schulmeister thaten/ der die vnschuldige Jugend innder Belaͤgerung wolt dem Feind verrhaten: Sintemal solche Jugendverterber/welche manche gute Art verkeren vnnd hindern/ eben sowol der Jugend/ Ja einer gantzen Policei verrhaͤter seind/ alsder so sie auff die Fleischbanck opffert: '''Aber der von Maraishielt jhn durch bescheidene wort dauon ab/''' jhm fuͤrbildend/ mankoͤnne solche Murmelthier nicht besser abfertigen/ dann man werffjhnen den Sack fuͤr die Thuͤr/ vnnd laß sie stampen.(5) '''Darauff befahl er dem Tropffen seine Besoldung zuzalen/ vndein guts Sophistisch Truͤncklein zugeben/ vnd fuͤr alle Teuffelfortzuschicken. Auff solche weiß/ sprach er/''' wann er also gecapaunenpfropfftist/ '''kan er seinen Wirt nicht vil kosten/ wann er also voll wie ein Engellaͤndische Zeck daruon stirbet.'''(6) '''Als nun Meister Gobelin abgeschiden/ berhatschlug Grandgosiermit gedachtem Vicekoͤnig/ was man jhm fŭr ein Preceptor soltzuordnen/ da ward vnter jnen beschlossen/ zu solchem Ampt denEhrenbrecht Kundlob''' von Arbeitsteig/ sonst genant '''Ponocrates/des''' erwoͤhnten '''Eudemons Gutgeists Pedagog zuerforderen:''' dann derverstund sich vmb Politisch leben? was wolten dise Schlapphaubige//cape tibi asinum// vnd Calamarius am guͤrtel wissen? sie thun jmrecht/ daß sie die Ohren decken/ damit man sie nicht kenne: oderdiese newe ''<280>''Lectoriabrillen/ die mit sonderm Namen getrente Heyligen/ dieZuchtgleißnende Farreseychische Quadricornuten: die entwedersdie Jungen zu vnsittlichen erschrockenen Augensperrigen Stierkoͤpffenmachen/ oder zu hoch trabenden rhumsuͤchtigen/ neidigenvnd frefeln Schreiern vnd plauderern: oder zu SchalckverbergendenSchleichern/ Schluͤsselsuchern/ Verhetzern/ Verrhetschern/Lockvoͤgeln/ Duckmaͤusern/ vnd Ertzarchibuben im busem/ wie siesind. Solche Teuffeley zuverhuͤten/ '''schickt Grandmulier sein Soͤnlinsampt seim Lehrweiser''' Herrn Lockhund '''gehn Pariß''' auff dieHohe Schul/ '''zuerfahren was daselbst der Jugend studieren fuͤr eingelegenheit habe:''' Dann was soll er zu Hauß verschimmelen? in derFrembde lehret er neben seinen Ordinarylehren/ auch die Sprachen/welcher wann er vier kan/ mag er vermoͤg der Gulden Bulldises Punctens halben wol Keyser werden: Es ziehe dann der Bronnenschoͤpffernicht recht am Rad/ wann er lehre fuͤr volle tauschet:Dann das Gluͤck ist rund/ eim lauffts inn Arß/ dem andernin Mund.
(4) '''Darab sein Vatter also erzoͤrnet/ daß er''' kurtzum '''den Meister
Jobelin wolt vmbbringen/''' oder auffs gelindest mit jm zufahren/
jn von den Schulknaben lassen mit Ruten außstreichen/ wie die
Roͤmer dem Schulmeister thaten/ der die vnschuldige Jugend inn
der Belaͤgerung wolt dem Feind verrhaten: Sintemal solche Jugendverterber/
welche manche gute Art verkeren vnnd hindern/ eben so
wol der Jugend/ Ja einer gantzen Policei verrhaͤter seind/ als
der so sie auff die Fleischbanck opffert: '''Aber der von Marais
hielt jhn durch bescheidene wort dauon ab/''' jhm fuͤrbildend/ man
koͤnne solche Murmelthier nicht besser abfertigen/ dann man werff
jhnen den Sack fuͤr die Thuͤr/ vnnd laß sie stampen.
 
(5) '''Darauff befahl er dem Tropffen seine Besoldung zuzalen/ vnd
ein guts Sophistisch Truͤncklein zugeben/ vnd fuͤr alle Teuffel
fortzuschicken. Auff solche weiß/ sprach er/''' wann er also gecapaunenpfropfft
ist/ '''kan er seinen Wirt nicht vil kosten/ wann er  
also voll wie ein Engellaͤndische Zeck daruon stirbet.'''
 
(6) '''Als nun Meister Gobelin abgeschiden/ berhatschlug Grandgosier
mit gedachtem Vicekoͤnig/ was man jhm fŭr ein Preceptor solt
zuordnen/ da ward vnter jnen beschlossen/ zu solchem Ampt den
Ehrenbrecht Kundlob''' von Arbeitsteig/ sonst genant '''Ponocrates/
des''' erwoͤhnten '''Eudemons Gutgeists Pedagog zuerforderen:''' dann der
verstund sich vmb Politisch leben? was wolten dise Schlapphaubige
''cape tibi asinum'' vnd Calamarius am guͤrtel wissen? sie thun jm
recht/ daß sie die Ohren decken/ damit man sie nicht kenne: oder
diese newe ''<280>''
Lectoriabrillen/ die mit sonderm Namen getrente Heyligen/ die
Zuchtgleißnende Farreseychische Quadricornuten: die entweders
die Jungen zu vnsittlichen erschrockenen Augensperrigen Stierkoͤpffen
machen/ oder zu hoch trabenden rhumsuͤchtigen/ neidigen
vnd frefeln Schreiern vnd plauderern: oder zu Schalckverbergenden
Schleichern/ Schluͤsselsuchern/ Verhetzern/ Verrhetschern/
Lockvoͤgeln/ Duckmaͤusern/ vnd Ertzarchibuben im busem/ wie sie
sind. Solche Teuffeley zuverhuͤten/ '''schickt Grandmulier sein Soͤnlin
sampt seim Lehrweiser''' Herrn Lockhund '''gehn Pariß''' auff die
Hohe Schul/ '''zuerfahren was daselbst der Jugend studieren fuͤr ein
gelegenheit habe:''' Dann was soll er zu Hauß verschimmelen? in der
Frembde lehret er neben seinen Ordinarylehren/ auch die Sprachen/
welcher wann er vier kan/ mag er vermoͤg der Gulden Bull
dises Punctens halben wol Keyser werden: Es ziehe dann der Bronnenschoͤpffer
nicht recht am Rad/ wann er lehre fuͤr volle tauschet:
Dann das Gluͤck ist rund/ eim lauffts inn Arß/ dem andern
in Mund.

Version vom 12. August 2019, 13:57 Uhr

Das Achtzehend Capitel.

Wie Gargantua andern Lehrmeistern ward vntergeben/ die vber einen andern Leyst jhm richteten sein Leben.

(1) D ES Gargantuwalds Vatter sahe wol/ daß sein schoͤner Filius am <an> jhm nichts ließ erwinden allen fleiß fuͤrzuwenden/ vnnd kein stund hinschleichen ließ/ darinn er nit ein Lini zog/ vnd solt er auch schon mit dem Rastro sechs gemacht haben: aber das er gleichwol nichts zu hoͤherer kuͤnst verstand fortstieg/ sonder nur wuchse wie ein Eselsohr in eim Negelinhafen/ jhe lenger jhe Naͤrrischer/ ward mit gewalt zu eim Stockfisch/ Plateisel/ Toͤlpel/ Fantasten/ vnnd sonst nichts fast. Dessen beklagt sich der gut Mann auff ein zeit bey dem Dom Philippo von Marach/ Vicekoͤnig inn Papeligosse/ der gab jhm zuverstehen/ daß jhm schier nutzer wer nichts zulehrnen/ als zulehrnen das jhm nichts nutz wer: Dann sprach er <er/> was sind diser Fretter Kuͤnst als Kuntzenwerck vnnd Kuͤhdunst/ jhr Weißheit ist Schmeißheit/ jr klugheit Lugheit/ damit sie die Kinder/ wie mit dē Winterhaͤndschuhen schrecken/ die gute Edele Geyster verbastarten/ vnd die gantze Bluͤhe der Jugend vergifften/ ersticken/ der flor deflorirē erfroͤrē <277> vnnd versehren. Daß jhm also/ nempt mir einen jungen Knaben von diser jetzigen jungen Welt/ der allein zwen Monat gestudiert/ da wett ich/ wa er nicht ein besser Vrtheil/ bessere Gesprechlichkeit vnd bessere Zuberclausische zufaͤll in eim Jtem/ als euwer Son inn vielen summarum hab/ auch baßgeberdiger vnnd ehrenerbietiger seie: vnnd wa es nicht war/ will ich mein Lebenlang ein Mechelburgischer Schunckenmadenfresser vnd Speckhecker auß Engern bleiben. Welchs dem Grandgusier maͤchtig wol geful/ vnnd befahl alsbald/ daß mans versuchte.

(2) Auff den Abend zu dem Nachtjmbiß/ fuͤrt der von Marias <Marais> seiner Jungen einen von Gongewiler genannt Eudemon Wolbegeist hinzu/ so wol begnadet/ guts Kopffs/ so Bossenschicklich/ so schoͤn rein abgestaͤubet/ vnd inn seinen Geberden so holdselig/ das er viel meher einē kleinen Engelchen vō Fron Altar als eim Menschen aͤnlichet. Sprach darnach zu dem Grandgoscher/ Secht jhr das jung Kind? es traͤgt noch nicht gar zwoͤlff Jar auff jhm: Nun laßt vns/ wann es euch gelust/ ein versuchens vnderstehen/ was vnderscheyds sey zwischen euerē Matheologischen Kuͤnsthuͤmplern/ Weißheitverkauffern vnnd Fantasten auß der alten Welt/ vnd den jungē Leuten dises vnserē Neuen wesens. Diß fuͤrnem̅en geful vnserm Herrn vō der Großgoschē vn̅ hieß den jungen Knaben gleich sein Sach vortragen. Hierauff bat Eudemon zuforderst seinen Herren den Koͤniglichen Statthalter vmb erlaubnuß solches zuthun/ sein Huͤtlin inn der Hand staͤtt haltend/ mit auffrechtem sittigem Antlitz/ doch etwas jugendgemaͤser schamerroͤtung/ mit vnerschrockenē staͤtē augē/ sein gesicht vff dē Gargantua richtend/<278> nicht daß er sich vom ort verwendt/ oder die fuͤß/ nach Storcken art/ wie die Schmid die Blasbaͤlg/ abgewechsselt hette.

(3) Nach dem er sich also inn dē Bossen geschickt/ fieng er an mit zuͤchtiger geberdung/ wie seinem Alter gezimmet/ den halb verzuckten Gargantubald hoͤchlich zuloben vnnd zuerheben/ (wie man dann pflegt/ wann man ein traͤgen will wacker wecken) erstlich wegen seiner hohen tugend/ demnach seines von Natur hoch erleuchten/ vn̅ durch ergreiffung guter Kuͤnst vnd vieler erfahrenheit gemehrten vnd außbalierten verstands/ nachgehends seines Adels/ folgends seiner anmuͤtigen freundlichen schoͤner gestallt. Vnnd nach allem ermanet er jhn mit sanfften worten/ seinem Vatter inn aller Kind gebuͤrlicher erherbietung vorzugahn/ weil er jn wol zu vnterrichtē kein fleiß noch muͤh spare. Beschließlich bat er dienstlich/ vnter seine geringste Diener jhn zurechenen vnnd auffzunemmen/ dann groͤsser gnad koͤndt jm fuͤr dißmal nicht widerfarē/ als wā er so viel gnaden bei seiner Durchleuchtigkeit koͤndt erheben/ daß er dero wolgefaͤllige dienst koͤndt erweisen. Diß alles ward von jm mit so artlichen vn̅ sachgemaͤsen geberden dargethan/ mit so deitlicher red fuͤrgebrachte <fuͤrgebracht/> beredfertiger Zung außgesprochen/ mit zierlichem gutem Teutsch vnd Latin erkleret/ dz er sich eher einē Gracho/ einē Cicero <Cicero/> einem Paͤpstlichen od' Koͤniglichē Oratori, Sadoleto/ Bembo/ Longolio/ Mureto/ als eim jungen Knabatzen diser neulicherē zeit het moͤgē vergleichen. Hingegē wußt sich Gargantua nicht anders zustellen/ als dz er/ all dieweyl der redet/ greinet vnnd weynet wie ein sieche Kuh/ vund <vnnd> das gesicht hinder sein Huͤtlein verbarg. Vnnd war vnmoͤglich ein einiges <279> woͤrtlin von jhm zubringen/ vil minder als ein furtz von eim todten Esel.

(4) Darab sein Vatter also erzoͤrnet/ daß er kurtzum den Meister Jobelin wolt vmbbringen/ oder auffs gelindest mit jm zufahren/ jn von den Schulknaben lassen mit Ruten außstreichen/ wie die Roͤmer dem Schulmeister thaten/ der die vnschuldige Jugend inn der Belaͤgerung wolt dem Feind verrhaten: Sintemal solche Jugendverterber/ welche manche gute Art verkeren vnnd hindern/ eben so wol der Jugend/ Ja einer gantzen Policei verrhaͤter seind/ als der so sie auff die Fleischbanck opffert: Aber der von Marais hielt jhn durch bescheidene wort dauon ab/ jhm fuͤrbildend/ man koͤnne solche Murmelthier nicht besser abfertigen/ dann man werff jhnen den Sack fuͤr die Thuͤr/ vnnd laß sie stampen.

(5) Darauff befahl er dem Tropffen seine Besoldung zuzalen/ vnd ein guts Sophistisch Truͤncklein zugeben/ vnd fuͤr alle Teuffel fortzuschicken. Auff solche weiß/ sprach er/ wann er also gecapaunenpfropfft ist/ kan er seinen Wirt nicht vil kosten/ wann er also voll wie ein Engellaͤndische Zeck daruon stirbet.

(6) Als nun Meister Gobelin abgeschiden/ berhatschlug Grandgosier mit gedachtem Vicekoͤnig/ was man jhm fŭr ein Preceptor solt zuordnen/ da ward vnter jnen beschlossen/ zu solchem Ampt den Ehrenbrecht Kundlob von Arbeitsteig/ sonst genant Ponocrates/ des erwoͤhnten Eudemons Gutgeists Pedagog zuerforderen: dann der verstund sich vmb Politisch leben? was wolten dise Schlapphaubige cape tibi asinum vnd Calamarius am guͤrtel wissen? sie thun jm recht/ daß sie die Ohren decken/ damit man sie nicht kenne: oder diese newe <280> Lectoriabrillen/ die mit sonderm Namen getrente Heyligen/ die Zuchtgleißnende Farreseychische Quadricornuten: die entweders die Jungen zu vnsittlichen erschrockenen Augensperrigen Stierkoͤpffen machen/ oder zu hoch trabenden rhumsuͤchtigen/ neidigen vnd frefeln Schreiern vnd plauderern: oder zu Schalckverbergenden Schleichern/ Schluͤsselsuchern/ Verhetzern/ Verrhetschern/ Lockvoͤgeln/ Duckmaͤusern/ vnd Ertzarchibuben im busem/ wie sie sind. Solche Teuffeley zuverhuͤten/ schickt Grandmulier sein Soͤnlin sampt seim Lehrweiser Herrn Lockhund gehn Pariß auff die Hohe Schul/ zuerfahren was daselbst der Jugend studieren fuͤr ein gelegenheit habe: Dann was soll er zu Hauß verschimmelen? in der Frembde lehret er neben seinen Ordinarylehren/ auch die Sprachen/ welcher wann er vier kan/ mag er vermoͤg der Gulden Bull dises Punctens halben wol Keyser werden: Es ziehe dann der Bronnenschoͤpffer nicht recht am Rad/ wann er lehre fuͤr volle tauschet: Dann das Gluͤck ist rund/ eim lauffts inn Arß/ dem andern in Mund.