Anleitung Leitformen

Aus Schreibsprachen
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Anleitung zur Eingabe: Leitformen

Das generierte Eingabe-Formular der Leitformen dient dazu, mit einfachsten Mitteln einen nicht verorteten Text des Spätmittelalters schreibsprachlich einem Gebiet grob zuzuordnen. Gewonnen wurden die Variablen aus Urkunden um die Mitte des 15. Jahrhunderts aus Ortspunkten, die möglichst im Mittelpunkt eines Schreibsprachengebiets liegen. Die vorliegende Version ist eine Vorabversion (geplant ist eine Erweiterung des ausgewerteten Urkundenmaterials und eine bessere, d.h. trennscharfe Auswahl von häufig vorkommenden und aussagekräftigen Leitformen).

Die Variablenliste enthält die möglichen varianten Schreibungen der in dem Formular der Leitformen verwendeten Lemmata. Sie kann aus der Seite mit copy and paste z.B. in Word mithilfe der Index-Funktion zur Durchsuchung von transkribierten Texten verwendet werden.

Kurzanleitung:

Die hier ausgewählten 26 Lemmata aus dem Grundwortschatz von Urkunden des Spätmittelalters treten in Variablen auf, die zur großräumigen Scheidung der Schreibsprachen wie Karten verwendet werden können. Aus der Kombination mehrerer, idealerweise aller typischen Variablen lässt sich die Schreibsprache (Schreiblandschaft) annähernd genau eingrenzen. Praktische Anwendung: Ein (vom Schreibort her) unbekannter Text des 15. Jh.s (Urkundenfragment ohne Ortsangabe oder ein anderer handschriftlich überlieferter Gebrauchs- bzw. literarischer Text) wird nach den 26 häufig vorkommenden Lemmata durchsucht und diese werden in der generierten Tabelle bei den zutreffenden Schreibvarianten angeklickt. Pro Lemma können auch zwei oder drei im Text vorkommende Schreibvarianten ausgewählt werden (z.B. "dag", "tag" oder "bref", "breif"), jedoch sollte bei Mischschreibungen die häufiger auftretende Variante ausgewählt werden, wenn die Nebenformen nur einmal auftreten.

Die zu den Variablen passenden Schreibsprachen werden nach Häufigkeit der Treffer aufgelistet, sobald der Button BERECHNEN unter der Tabelle aktiviert wird. Generiert wird ebenfalls eine Liste der bearbeiteteten Abfragen (abgehakte Lemmata).

Die Schreibsprachen werden danach in der Rangfolge der Treffer aufgelistet. Stehen die Trefferquoten (z.B. 11 und 10 Treffer) eng beieinander, sollten mehrere Schreibsprachengebiete in Betracht gezogen werden.

Wie geht man am besten vor?

Ist der schreibsprachlich zu bestimmende Text bereits transkribiert, bietet sich an, die beigefügte Variablen-Liste zu verwenden und mit einem Konkordanzprogramm die in der Liste aufgeführten Variablen im eigenen Text heraussuchen zu lassen (Vergleich zweier Listen auf gemeinsamen Wortschatz).

Noch einfacher ist es, die Index-Funktion von WORD zu nutzen: Über "Verweise" zu "Index" klicken, danach "Automarkierung" und als Datei die Variablen-Liste angeben. Erneut auf "Index" und "Index einfügen" klicken (den Index markieren und in eine neue Datei kopieren (oder Markierung drucken). Auf diese Weise können allerdings nur die Grundformen von Wörtern erfasst werden, flektierte Varianten können aber bei Bedarf individuell in die Variablen-Liste nachgetragen werden. Präfixe ("ver-") und Suffixe (Diminutiv-Endungen bzw. "-nis") sollten separat  als String herausgesucht werden.

Die Lemmata in alphabetischer Reihenfolge:

alte - auch - auf - bei - Brief - das - Dienstag - ein - er - geschrieben - gewesen - Jahr - Leute - *lein/*chen - *nis - oder - pf* (Pfennig/Pfarre/Pferd) - soll - sollen - Tag - über - und - ver* - Werk - zu

Lemmata in der Reihenfolge des Formulars:

bei - ein - Leute - auch - auf - über - oder - geschrieben - Brief - zu - ver* - *nis - das - pf* (Pfennig/Pfarre/Pferd) - Tag - alte - Pfennig - Dienstag - er - *lein/*chen - und - gewesen - Werk - Jahr - soll - sollen

Beispiel für die Verwendung des Formulars "Leitformen"

Beispieltext: Die Transkription bei Werner Besch: Sprachlandschaft und Sprachausgleich im 15. Jahrhundert. München 1967, Nr. 33 (der 11. Alte)

Hinter dem Zeichen > werden die Variablen aufgeführt, die sich im angegebenen Text vorfinden.

1. Leitform alte/halten > alte (unspezifisch)

2. auch > och: im Westschwäbischen, Nördlicher Bodensee, Ostschwäbischen, Südl. Niederalemannischen, Südl. Bodensee

3. auf > vf: nicht Hessisch, nicht Bairisch

4. bei > bi: Oberrheinisch, Nördlicher Bodensee, Ostschwäbisch, Südl. Bodensee, Südalemannisch, Höchstalemannisch, Ripuarisch

5. Brief: nicht vorhanden im Text

6. das > daz: (unspezifisch)

7. Dienstag: nicht vorhanden

8. ein > ain: Westschwäbisch, Nördl . Bodensee, Ostschwäbisch, Augsburgisch, Südlicher Bodensee, Nordbairisch, Oberbairisch, Südbairisch

9. er > er: (unspezifisch)

10. geschrieben: nicht vorhanden

11. gewesen > gesin: Südl. Niederalemannisch, Oberrheinisch

12. Jahr > jare: (unspezifisch)

13. -lein/- chen: nicht vorhanden

14. Leute > lúte: Oberrheinisch, Westschwäbisch, Nördl . Bodensee, Südl. Bodensee, Höchstalemannisch, Hennebergisch , Thüringisch

15. -nis > núst: nicht belegt in der Tabelle

16. oder > oder: (unspezifisch)

17. Pfarre/Pferd/Pfund: nicht vorhanden

18. Pfennig: nicht vorhanden

19. soll > sol: nicht Hessisch, nicht Bairisch, nicht Ostmitteldeutsch

20. sollen: nicht vorhanden

21. Tag > tag: (unspezifisch)

22. über > v+/ ber: Oberrheinisch, Westschwäbisch, Nördl . Bodensee, Südl. Bodensee, Südalemannisch, Höchstalemannisch, Südböhmisch, Mittelbairisch, Rheinhessisch

23. und > vnd: (unspezifisch)

24. ver - > ver -, (vor-): (unspezifisch)

25. Werk > werke: Nördl . Bodensee, Südalemannisch, Südl. Bodensee, Südböhmisch, Mährisch, Moselfränkisch, Ripuarisch, Nordböhmisch

26. zu > zu+o: Oberrheinisch, Westschwäbisch, Nördl . Bodensee, Ostschwäbisch, Südl. Niederalemannisch, Südalemannisch, Südlicher Bodensee, Höchstalemannisch, Nordböhmisch

Auswertung: Entscheidend ist die Anzahl der Treffer, nicht aber, dass alle Merkmale übereinstimmen ! 19 Leitformen sind im Text belegt, davon aber nur 8 Leitformen, deren Variablen mehr als zwei Mal bei einer Schreibsprache verzeichnet stehen:

Westschwäbisch: 5 Treffer

Nördl . Bodensee: 7 Treffer

Ostschwäbisch: 4 Treffer

Südl. Niederalemann . 3 Treffer

Südl. Bodensee: 7 Treffer

Oberrheinisch: 4 Treffer

Südalemannisch: 4 Treffer

Hochalemannisch: 4 Treffer

Ripuarische, südböhmische und nordböhmische Variablen sind je zwei mal belegt, alle anderen Schreibsprachen sind mit allenfalls einer Variable vertreten.

Fazit: Die höchste Trefferquote (je 7) ergibt sich für das Gebiet Nördl. und Südl. Bodensee. Eventuell kommt auch noch das Westschwäbische (5 Treffer) in Frage.