Gi2

Aus Autoritäten

Repertorium der mittelalterlichen Autoritäten

Gi2

Gießen Universitätsbibliothek, Hs 1029
Umfang 172 Bll.; hier Bl. 152r-155r [alt: 142r-145r]
Datierung 1462
Schreiber ein Schreiber im Haus Jakob Doldans in Augsburg (Bl. 146ra); Farbabbildung Seelbach 2007, S. 75 [Bl. 153r]
Schreibsprache mittelbairisch (mit ostschwäbischen Merkmalen; Augsburger Stadtbuch); mittelbairisch (Begleittexte)
Inhalt Augsburger Stadtbuch, Unterweisung Salomos (Schülerübung); Dicta
Anzahl und Form 2+15 Vierzeiler; 5 Zweizeiler; 13 Vierzeiler; 12 Zweizeiler; 11 Vierzeiler
Repertorien Marburger Repertorium der Freidank-Überlieferungund Handschriftencensus
Katalog Adrian, Johann Valentin: Catalogus codicum manuscriptorum Bibliothecae Academicae Gissensis. Frankfurt a.M. 1840, S. 315.

Seelbach, Ulrich: Katalog der deutschsprachigen mittelalterlichen Handschriften der Universitätsbibliothek Gießen [online]

Archivbeschreibung --
Literatur
  • Heiser, Ines: Autorität Freidank. Studien zur Rezeption eines Spruchdichters im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Tübingen 2006 (= Hermaea N.F. 110), S. 34 (Sigle Gi2).
  • Seelbach, Ulrich: Ein mannigfaltiger Schatz. Die mittelalterlichen Handschriften. In: Aus mageren und aus ertragreichen Jahren. Streifzug durch die Universitätsbibliothek Gießen und ihre Bestände. Hrsg. von Irmgard Hort und Peter Reuter. Gießen 2007 (= Berichte und Arbeiten aus der Universitätsbibliothek und dem Universitätsarchiv Gießen 58), S. 38-81, hier S. 75. [online]
Anschrift Universitätsbibliothek Gießen

Otto-Behaghel-Straße 8 35394 Gießen

Bearbeiter U. Seelbach

Transkription

<152r>

Gedenck maria mu+ot(er) vnd junckfraw

So stast in gottes schaw

das du das pest redest von vns

Vnd wend den zoren deines suns


Iohannes du vil hailger ewangelist

pitt dein o+:chem jh(esu)m krist

das er sein <sein ü.d.Z.> leiden vn(d) pitterikaitt

Setz zwischen vnser sel vn(d) seiner parmhetzikaitt


<Reihe I:>

(1)

aller weishaitt vn(d) fundament

ist da man gott myntt vn(d) nentt

vn(d) an petten ainen gott

vnd dar zu halten gepott


(2)

aller der welt weishaitt

ist das wir vn(n)ß keren an ewigkaitt

das leitt an ainem sinn

So wir mussen von hinn


(3)

Salomon Spricht d(er) weisz herr

kein ding hasst gott alls serr

als die sund hochfart

wann si u+:ber al sund gatt


(4)

wer nach d(er) welt gu+ot vn(d) er stelt

vn(d) im in sunden wol gevelt

das ist ain zaichen gewis

der weigen v(er)dampnis


(5)

was sol mir reichtung vn(d) gu+otz

doch ich sterben mu+osz

zeitlich gu+ot kumpt vn(d) v(er)fertt

die ewig fra+:d allweg wertt <152v>


(6)

Der sein hoffnung in reichtung wentt

vn(d) nimpt gar ain eittel end

die greber send sein vmclaid

vn(d) die hellisch pein on vn(n)derschaid


(7)

Ich han gu+ott das ist nit mein

ach gott wes mag es dann sein

es enstatt nit mer in meinem gepott

dann das ich verzerr vn(d) gib durch gott


(8)

vil geiagt vn(d) nit gefangen

vil geho+:rt vnd nit verstanden

vil gesagt nit gemerckt

das send alles verlorne werck


(9)

wer die welt <gestr. v>erkewst

da mit er got verlewst

wann es dann gatt an ain schaide(n)

So ist er quit von in paiden


(10)

Seitt der ttott niemantz schontt

vn(d) die welt selten niemant lontt

wer sol den die welt winen

ob dus recht wil besinen


(11)

Es ist ain hailiger feirtag                    [~ Freidank 36, 24/23]

wenn man vor sunden feire(n) mag

die tugent über al tugen gatt             [= Freidank, 54, 5/4]

wer bösem willen wider statt


(12)

O du edlew creatur

to+:tt sein bo+:s natur

wilt du mit gott veraint

so sich an den <den ü.d.z.> adel der selle dein <153r>


(13)

Gedenck wer du bist vn(d) solt werden

du seiest jung oder alt auf erden

setzest du da in deinen sin

es benympt dis vn(d) <geb. aus: dir ?> pin


(14)

Das sind nit sund wäre,                        [= Freidank 40,5-8]

dennoch wa+:r si mir vnma+:rer

vm(b) ir grosz vnfla+:tikait

das weist mich mein beschaide(n)


(15)

Wer vmb disz kurtz zeit                        [= Freidank 1,7-10]

dört die ewigen fra+:d geitt

der hat sich selb betrogen

vnd zimmert auf regenbogen


<Reihe II>

(16)

Es ist kain hochfart als vnpilleich

als der das almusen machet reich


(17)

het su+:nd nit sunden namen

dennocht wolt ich mich sunden schame(n)


(18)

fu+:r war was ich ewch ku+:nd

was schand ist dis ist su+:nd


(19)

wer stelt nach gerechtikait

der hat dem vnrecht widersait


(20)

Gerechtikait ist hie ain ort

vnd pringt vns ewig fra+:d do+:rt


(21)

ich leb ich waisz nit was

ich gewin gu+ot ich waiß nit wie

ich stirb ich waisz nit wenn

ich gar ich waisz nit wa <153v; Schreiberwechsel, Hand b>


<Reihe III:>

(22)

die lieb gotes on pru+ederlich trew

vnd reichten on die rew

vn(d) peten on anda+:chtikait

das sind drey verloren arbait


(23)

da<Haste gestrichen> ich was ain ju+:ngling

da geviel mir v+:bel der alten ding

So ich nun pin worden alt vnd greis

So gev+:elt mir vebel der ju+:ngen weis <Schreiberwechsel, Hand A>


(24)

Es ist ainer kumen in das land

der haist schmirb mir die hand

schmirbest du mir die hand nit

so hat dein sach kain ende nit


(25)

ain scho+:ne fraw in armu+ot

die ir er wol behalten tu+ott

vn(d) lieb hatt iren man

die tra+:tt der eren wol ain kran


(26)

heren gunst vn(d) abro+:llen wetter

frawen mu+ott vn(d) rosen pletter

ross wirfel vn(d) saitten spil

die betriegen mangen der es gelaube(n) wil


(27)

all <geb. aus: als> winckel habent oren zwar

vor den solt du dein red bewaren gar

so haben al stauden augen

vor den solt dein gesicht halten taugen


(28)

wenn die henn krät fir den han

vn(d) das weib klaft fir den man

So sol man die hennen pratten

vnd das weib mit ainem ku+:ntel beratte(n) <154r>


(29)

pis frum vn(d) red frawen woll

vn(d) bis manlich wa man sol

vn(d) las yederman sein der er ist

so sagt dir nyemant wer du pist


(30)

wer nit hab zesorgen

der sol edlen lew+:ten porgen

Nunnen vnd pfaffen

So gewint er fil ze schaffen


(31)

manger klagt das gu+ott

das er vnnutzlich vertu+ott

So klag ich min <nun?> die zeit

die mir niemant wider geitt


(32)

es ist in der welt worden new

po+:ss gelt vnd grosse vntrew

das hat gewerd mangen tag

das ainer <nit ü.d.Z. eingefügt u. wieder gestr.> waist an wen er sich lassen mag


(33)

Es ist wnd wirt

das ainer den ander(n) irt

vn(d) ist <ist ü.d.Z.> gewesen lang

vn(d) ist er ain anfang


<Reihe IV:>

(34)

wer gu+ottes waist vn(d) arges tu+ot

der sundet mit verdachtem mut


(35)

manger waist des rechten fill

der doch das vnrecht nit hassen wil


(36)

Es enkan noch enmag nit anders gesein

wer hie su+:ndet der leidett do+:rtt pein


(37)

fu+:r reichtum vnd vir alles gu+ott

ist ain hort der recht tu+ott


(38)

wer su+:ndet vnd nit enkent sich

der lebt geleich als ain fich <154v>


(39)

wer gu+ott hat der hatt er

niemant fragt fu+:r pas mer


(40)

Ho+:rt iedermant die warhait gern

So wurd man su+:nd vil enpern


(41)

wer wöll das im gelinge

der sech selb zu seinem ding


(42)

neid gab vnd gunst

pricht recht prieff vnd kunst


(43)

Es wirt hart funden ain man

da sey aller dadel on


(44)

der lestert selten ainen man

der sich selber erknenn kan


(45)

kurtzer wort ich lobes gib

lange wort vert(r)iessent fill


<Reihe V:>

(46)

wiltu dein er haben weitt

So gilt geren zu aller zeit

wann wer gilt wilichlich

der mag kauffen verkauffen zimlich <Schreiberwechsel, Hand b>


(47)

v+:ber nym dich sein an kainer stat

ob es dir gelucklich gat

wan was got dem vndanckpa+:rn geit

das nympt <n geb. aus m> er wider in kurtzer zeit


(48)

der mensch vil frawnt hat

die weil es im wol gat

vnd wen <gestr.: es im> das gelu+:ck hin gat

So hat er nyemant der pey im stat


(49)

Schon enpfacht mich yederman

wan ich gu+ot vnd pfening hann

aber wen ich nymer gu+otz hab

So stand mir die pesten frawnt ab <155r; Schreiberwechsel, Hand A>


(50)

Wer ain gu+ot wort hat

der lob sich selber nit an kain stat

wann lob auß aignem mund

ist ru+:m <gestr. laster> vnd laster zu+o aller stund


(51)

Gesell fle+:wch zu+o aller frist

die fraw die das unendlich ist        [lies: unredlich?]

das du ir tochter icht na+:mst sicherleich

wann die tochter wirt geren der mu+oter gleich


(52)

wild du nicht fu+:rsichtig sein

vn(d) wild torlich ton den dingen dein

So soltu schelten das gelück nicht

ob es ain weib an dir gepricht


(53)

wilt du dein ding wol bewaren

So soltu nichs hewtigs auf moren sparen

wann du kanst <geb. aus kamst> es nit besorgen

was dir wirt ku+:nftig morgen


(54)

nicht sag dein feinden dein schaden

da mit du bist u+:ber laden

auch soltu in deiner armu+ot

nicht haben ain schwa+:ren mu+ott


(55)

seitt du nacket pist geporen

So lass dir nicht wesen zoren

ob dir vnder stund die armu+ott

auf disser erd geprechen tu+ott


(56)

eS <sic!> mag niemant als reich werde(n)

al hie auff disser erden

es werd arm in kurtzer <gestr. zeitt> frist

ob er vgelu+:ck sa+:lig ist


<155v Zweizeiler von einer Hand Anfang 16. Jh.>

Der fu+:ersten hertz vnd ier leben

erchend man pey ieren rat geben