Gkl:kommentar:kap17

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Das Sibentzehend Capitel

Zusammenfassung

Grandgusier erkennt bei seinem Sohn eine überragende Intelligenz und Auffassungsgabe, daher beschließt er, ihn von einem geeigneten Lehrer unterrichten zu lassen. Der Sophistische Doktor Trubalt Holofernes unterweist ihn in den Anfangsgründen des Lesens und Schreibens in gotischer Schrift. Dazu kommen die Lektüre des Donat und ander Autoren für die Grundschüler, die er sich alle selbst abschreiben muss mit seinem gewaltigen Schreibzeug. Mit fortgeschrittenem Unterricht wird De Modis significandi mit den Kommentaren des Jan Kalb und anderer Schulmeister gelesen. Alles in allem studiert er fast 54 Jahre, als sein Lehrer verstirbt und er einen neuen Lehrer, Gobelin vom Henckzigel, zugewiesen bekommt, der die Studien mit dem Hugutio, dem Grecismus, Doctrinale, Mammotrectus und Seneca fortsetzt. - Fischart ergänzt Rabelais, indem er dem Leser einen Blick in das küchenlateinische Vokabelheft Gargantuas gewährt und ein ganzes Register weiterer meist realer scholastischer Lehrwerke dem Schüler aufbürdet, die von Viri obscuri kompiliert, überarbeitet, herausgegeben oder kommentiert wurden.

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  • Gurgelstrozza ] strozza, ital. 'Gurgel'; vgl. strotzen, v., ‚von innerer Fülle schwellen‘.[1]
  • Weißheitwichtige Sophisten ] wichtig, adj., ‚schwer, Gewicht habend‘; [2] Sophist, hier abwertend für einen scholastischen Gelehrten; vgl. DWB 16, 1751 s.v. Sophist: "Luther und seine freunde beziehen das wort gern auf scholastiker und päbstliche theologen".
  • inn Latinischer geschrifft vnd kunst ] Garg.: "en lettres latines" - Da es nicht nur darum geht, auf Lateinisch Schreiben und Lesen zu lernen, sondern auch in das Trivium (oder nur in die Grammatik) einzuführen, erweitert Fischart zu (lateinischer) "geschrifft vnd kunst".
  • nach dem allerschwersten Gewicht ] Der Zusatz, wohl des Reimes wegen, bezieht sich auf das Gewicht von Gargantuas Schreibzeug; s. unten, S. 270 zu Pennal und Calamar.

Absatz 1

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  • Grandgoschier ] frz. grand, 'groß'; Gosche, 'Maul', [3] i.e. Großmaul.
  • unersinlich ] nicht im DWB; Gegenteil von ersinnlich, adj. 'erdenklich',[4] hier also 'unfassbar'.
  • gewelb ] Gewölbe; hier Metapher für die Gehirnschale.
  • Grillenstibung ] nicht im DWB; das Aufwirbeln von Hirngespinsten; vgl. Grille, f. 'Phantasterei'; [5] stieben, '(auf)wirbeln'; [6] vgl. Stüben, pl. 'Narrheiten, Anfälle von Verrücktheit'. [7]
  • Warterin ] Wärterin, 'Pflegerin'. [8]
  • Amlung weiß ] der Name der Kinderfrau (hier wohl Köchin) ist zusammengesetzt aus Amelung, ein Kohlkraut [9] oder 'Stärkemehl, Ammelmehl' [10] und dem Adjektiv 'weiß'. Letzteres würde die Reinlichkeit der Wärterin betonen.
  • Saifenschön ] auch der Name der zweiten Kinderfrau weist auf ihre Reinlichkeit hin, vielleicht auch auf ihre Aufgabe, das Baden des Kindes.
  • Phillipus der König in Macedonien - wann er aufsitzen wolt ] Diese Anekdote wird erzählt von Plutarch: Vitae parallelae, hier Alexander 6.[11] In lateinischer Übersetzung: Plutarch: Opus, quod parallela et vitas appellant. Heidelberg 1561, Alexander S. 582-619, hier S. 584 B/C.
  • musterige dummelung ] musterig, adj., ‚frisch, kräftig, tapfer‘; [12] Tummelung, f., ‚das Zureiten der Pferde‘; [13] vgl. Pferdetummler, m. ‚Pferdezähmer‘. [14]
  • zubeschreiten ] beschreiten, v.'aufsitzen'. [15]
  • underwinden ] unterwinden, v. ‚sich einer Sache annehmen, versuchen, ins Werk setzen‘. [16]
  • sattelraumig ] adj.,aus dem Sattel werfend‘.[17]
  • Sackade ] frz. saccade, i. d. Reitkunst Ruck mit dem Zaum (Nyssen).
  • Strapade ] f., Torturstrafe, aus ital. strappata, ‚Ruck, scharfes Anziehen‘. [18]
  • quetschsack ] m., (DWB 13, 2368, nur diese Stelle, ohne Deutung); ‚männliches Geschlecht‘, insbes. die Hoden.

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  • Krotten ] Krotte, NF von Kröte.
  • beseichten ] 'sich einnässten, bepissten'.
  • Sattelrottaspilen ] rotta, ital., Brechen, Zerbrechen; von ital. rompere, ‚zerbrechen, zertrümmern‘.
  • Hirnbecken ] n., 'Hirnschale'.[19]
  • Kifel ] m. 'Kiefer'.[20]
  • Weinstraß ] f., Umschreibung für Speiseröhre, Schlund bei Trinkern.[21]
  • Hippodrom ] gr./lat. hippodromos, ‚Pferderennbahn‘ (in der Antike). Dazu die volksetymologische Deutung Fischarts: "Hüpffet herumb".
  • stutzet ] stutzen, v. 'trotzen, widerspenstig sein‘[22] oder ‚im Lauf anhalten‘[23]
  • eben wie der wild Käßwürmfresser – im Spiegel besah ] Die Anekdote vom Großabenteurer, der vorm Anblick seiner selbst im Spiegel erschrickt konnte nicht ermittelt werden. - EXPERTENRAT: Neulatein
  • Käßwürmfressser ] m., 'einer der viel Käse (zugleich mit den Maden) isst'; vgl. DWB 11, 258, s.v. Käsewurm, m. (mit dieser Stelle).
  • Crocodylstecher ] Umschreibung für ‚Großabenteurer‘ (im DWB 11, 2351 s.v. Krokodilstecher, ohne Bedeutunsangabe).
  • Fatzen Facies ] zu Fatz, n. ‚Spott‘,[24] fatzen, v. 'verspotten, necken';[25] facies, lat. 'Antlitz'.
  • rant ] rennen, v. 'schnell reiten'.[26]
  • Ochssenköpfig Pferd ] mit dieser Stelle im DWB 13, 1136 (ochsenköpfig, adj.); Bucephalos, 'Ochsenkopf', Name des Pferdes Alexanders des Großen.
  • Laitig ] 'leitsam', 'gut zu führen'.[27]
  • zaum gerecht ] zaumgerecht, adj., willig, sich das Zaumzeug anlegen zu lassen, den Zaum duldend.[28]

Absatz 2

  • auß vnübung ... verläge ] Unübung, f. 'Mangel an Übung' (DWB 24, 1988); verliegen, v.'durch Säumen, Müßiggang sich schaden' (DWB 25, 792: verliegen 3).

269

  • Aristotel ] Der Philosoph Aristoteles wurde als Erzieher Alexanders von dessen Vater Philippus ausgewählt (Plutarch: Alexander 6/7, s.o.).

Absatz 3

  • Grandguß ] i.e. Grandgusier.
  • auf allen ecken ] Ecke, f., 'Seite, Ort'.[29]
  • vnpfinnig ] Gegenteil von pfinnig, adj., 'knotig, mit Blattern überzogen';[30] s.v. unpfinnig im DWB 24, 1227 (nur diese Stelle).
  • reinspinnig ] vgl. reinspinnend, adj., 'fein gesponnen, ersonnen' Gkl:komm:parat#35 (DWB 14, 710).
  • durchlucernig ] 'durchleuchtet'; von lat. lucerna, 'Leuchte'.
  • Candelabrum Patriae ] vgl. Gkl:komm:kap12#236 "ein Lucern [bedeutet] ein Candelabrum Patriae"; Candelabrum, "ein luchter" (Ex quo, C 90).
  • Labralactucisch labrum der Cantzel ] aus lat. labrum, 'Lippe' und lat. lactuca, 'Salat' zusammengesetzt (Wortsalat); hier spöttisch für Kanzelredner, Prediger; "vgl. auch labern vb.: einfältig reden, schwatzen" (Nyssen; DWB 12,7); vgl. laberen, v. 'sich läppisch benehmen', 'Unsinn plaudern’ (ElsWB 1, 539a).
  • Dann solck Männecken - doch [op] de Orgel ] niederländisch (preekstoel, 'Kanzel').[31]
  • Fledermaußhimmel ] Fledermaußhimmel, m. im DWB 3, S. 1745 (nur diese Stelle); "im Elsaß gelten Fledermäuse als die Seelen verstorbener alter Junggesellen od. Jungfern (vgl. Handwb. d. dt. Aberglaubens)" (Nyssen); vgl. HWA 2, 1592, auch zu antiken Vorstellungen der Metamorphose von verstorbenen Seelen in Fledermäuse.
  • ergreifflichkeit ] vgl. ergreiflich, adj. 'was zu greifen ist' (DWB 3, 829).

Absatz 4

  • Sophistischen ] s. oben: Sophisten Gkl:komm:kap17#267.
  • Supermagister ] supermagister, magister superior, lat. 'Großmeister', u.a. als Titel verwendet für den Hochmeister des Deutschen Ordens. Vgl. "Nu zijt gij een super magister" (P. J. Harrebommée: Spreekwoordenboek der nederlandsche taal. Deel 2. Utrecht 1861, S. 50, Nr. 19).
  • Trubalt Holofernes ] Garg: "Thubal Holoferne"; Ausg. 1573: "Trubal" - Durch die Enstellung zu "Trubalt" (Mixtum aus "trüb" und "alt") ist das Vorbild, der biblische Tubal, der Sohn Japhets (Gen 10,2) kaum mehr erkennbar; Holofernes ist in der Bibel ein assyrischer Feldherr, der von Judith umgebracht wurde (Idt 13,15). - Rabelais' Anspielung auf eine Prognostik, die Pronostication nouvelle, vielleicht schon 1525 erschienen, ist Fischart sicher entgangen; bei Lefranc I,14,11 (der skeptisch bleibt, was die Datierung betrifft) lautet der Titel: Prognostication modern Du temps futur qu'il adviendra De maistre Tubal Holoferne Pour quelque année qu'on voudra.
  • Strotzengurgelchen ] Diminutiv zu Gurgelstrozza (s. o. S. 277).
  • Namenbüchlin ] n., 'Nomenclator, Buchstabierbuch, Fibel' (DWB 13, 338 s.v. Namenbuch und Namenbüchlein).
  • das groß Lehrprett, damit Hercules ... Linum todt schlug ] Nach Apollodor II, 9 und Aelian, var. hist. 3,32 erschlug Herakles seinen Lehrer (mit der Kithara), weil der ihn für sein Spiel tadelte (ebenso bei Diodorus Siculus III,2). Erwähnt bei Pausanias: Boeotia XXIX,9; Anspielung bei Plautus: Bacch. 155. - Vergleiche jedoch die Übereinstimmung mit Johannes Manlius: Loci communes (1566), Tl. 1, Bl. V iiij v: "Der Hercules hat seinen Schůlmeister/ den Linium/ mit einer Tafeln an den kopff geschlagen/ das der Schůlmeister dauon gestorben ist."
  • Lehrprett ] 'Tafel'; nicht zu Lehrbrett, n. in der Baukunst (DWB 12, 553).

/ 203 /

  • wie die Segmüller ] (hindersich und fürsich); Sägemüller, m. 'Besitzer einer Sägemühle'.[32] Durch den profanen Vergleich mit der Bewegung der Säge wird das vor- und rückwärts Aufgesagte des memorierten Texts ins Lächerliche gezogen.
  • Läßwerck ] zu Lesewerk, n.? (DWB 12, 789).
  • Donat ] Aelius Donatus [GND] (um 320 bis um 380): Ars maior und Ars minor (= Der 'Donat'), vor 1520 grundlegende grammatische Lehrwerke (Schultexte; Hinw. Lefranc I,14,13). S. Gkl:text:vorr#16, S. 16: "zimlich schläffrig ... wie man den Donat exponirt". Für die Anfänge des Grammatik-Unterrichts ist die in Dialogform gehaltene Ars minor vorgesehen, die jedoch vom Lehrer erläutert und erklärt werden musste.
  • Facet ] Liber Faceti docens mores iuvenum, wie Alanus und Theodolet Bestandteil der 'Auctores octo morales', eine Sammlung lateinischer Textbücher für den Elementarunterricht (Lefranc I,14,14 zählt die acht Texte auf und beschreibt sie in Kürze; vgl. Schrader, S. 463). Sebastian Brant übesetzte den Facetus moribus et vita ins Deutsche (Liber Moreti. Basel 1496 u.ö.).
  • Theodolet ] Ecloga Theoduli, ein Dialog in Versen und im Lateinunterricht vor 1500 verwendeter Übungstext der 'Auctores octo morales'. Im Theodolet streiten Wahrheit und Lüge vor dem Schlichter Phronesis (Vernunft).
    • Konrad Goehl, Jorit Wintjes: Die 'Ecloga' des Theodulus (lat./dt.). Baden-Baden 2012.
  • Alanum in Parabolis ] Alanus ab Insulis (von Lille) [GND] (1120 - 1202): Liber parabolarum, eine Sprichwortsammlung (Schultext), ebenfalls Bestandteil der 'Auctores octo morales'. Vgl. die Ausgabe: Alanus de parabolis. O.O.: de Worde 1510.

270

  • Juxta illud - maiorabitur ] lat. "Nach jenem (Spruch): indem man sich selbst klein macht, wird man größer gemacht werden"; Epistolae obscurorum virorum II, 1: "Magister Ortvinus ... sic dicit: "... Quia scit quod minorando se, maiorabitur olim" (Ed. Bömer, II, S. 93,9); "Magister Ortuin ... spricht ... also: Weiß er doch, daß er, indem er sich erniedrigt, dereinst wird erhöhet werden" (Übers. Wilhelm Binder). - "Entsprechend dem Wort, wer sich selbst erniedrigt, der soll erhöhet werden" (Weinrich bei Nyssen); vgl. Mt 23,12: "qui se humiliaverit, exaltabitur"; "wer sich selbst erniedrigen wird, der wird erhöhet werden".
  • die Gottische Schrifft ... deren Exempel etlich Lazius und Goropius zeigen ] Wolfgang Lazius (1514 - 1565)(s. Gkl:komm:kap14#246) zitiert in De gentium aliquot migrationibus (1557) althochdeutsche Texte (S. 81/82), dazu Auszüge aus dem Nibelungen­lied, der Dietrichepik und das gotische Vater­unser nach dem Codex Argenteus (S. 680-683, 757, 687). - Johannes Goropius Becanus (1519 - 1572) (s. Gkl:komm:kap01#48) bietet in seinen Origines Antwerpianae (1569), Lib. VII (Gotodanica) ebenfalls Beispiele aus dem Althochdeutschen und Gotischen mit Berufung auf Lazius und Sebastian Münster (S. 737-740), u.a. "Lazius libenter de suo Gotico libro concedet, quem utinam integrum haberem ... Er was gar ain chuonar man ... Sie trugen swertd die scarpfen die vil chonan man ... Fader war somer i himlum, Heilighat warde dit namen ..." / "Lazius überlässt uns großzügig (diese Verse) aus seinem gotischen Buch, (wenn ich dies doch unversehr hätte!) ... Er war ein gar kühner Mann, ... Sie trugen scharfe Schwerter, die so kühnen Männer ... Vater im Himmel, geheiligt werde der Name". Er zitiert aus dem "antiquissimo codice monasterij Werdeni" (i.e. der damals in Werden bei Köln aufbewahrte Codex Argenteus): "Atta unsar thu in himmina, wihnai namo thein ..." (S. 739). - Vgl. Gkl:komm:kap01#48.
  • Gutenberger zu Straßburg und die Schäfer von Mentz ] Johannes Gutenberg(Gensfleisch zum Gutenberg, 1397-1468), Erfinder des modernen Buchdrucks mit beweglichen Metalllettern und der Druckerpresse, machte seine Erfindung vor seiner Rückkehr nach Mainz (1448) in Straßburg. - Peter Schöffer d.Ä. (um 1425-1502), Gehilfe Gutenbergs, seine Söhne Johann (1475-um 1531), Peter d.J. (1475/80-1547), Drucker.
  • in Lumpis Abraham ] parodiert den Ausdruck: "in Abrahams Schoß" ('in sinum Abrahae' Lc 16,22); lumbus ist der Hintern, die Lenden, Nieren (auch Geschlechtsteil des Mannes) (Vocabularius predicantium s.v.).
  • pennal ] n., 'Schreibfederbüchse';[33] lat. pennale, "ein pennale (der schreiber)" (Ex quo, P 333).
  • quintal nach Venedischem gewicht ] quintal, aus dem Arabischen über das Italienische entlehnt, anderes Wort für Zentner. Vgl. Raja Tazi: Arabismen im Deutschen. Berlin 1998, S. 251. In Italien: Meterzentner = 100 kg. - Art. Quintal. In: Zedler 30, Sp. 290, mit Verweis auf Art. Centner. In: Zedler 5, 1830. "Der Quintal metrique (der Meterische Zentner) ist dann 100 Kilogramme" (Johnann Michael Leuchs: Ausführliches Handels-Lexikcon. Tl. 2. Nürnberg 1826, S. 1367.
  • calamar ] vgl. Kalmar, n., 'Schreibzeug', mlat. calamare;[34] "pennale, ein kalmar", Ex quo (C 13).
  • als der groß Pfeiler zu Enach ] Garg.: "grand que les gros piliers de Enay" - "il s'agit de l'église Saint-Martin d'Ainay, á Lyon. Sa coupule était portée par quatre énormes colonnes de granit." / "es handelt sich um die Kirche S. Martin zu Ainay in Lyon. Seine Kuppel wurde von vier mächtigen Granit-Säulen getragen" (Defaux) - Einem Leser Fischarts dürfte die Eindeutschung des Ortsnamens Ainay (Ortsteil von Lyon) wenig sagen. Naheliegender wäre für ihn der biblische Ort Hebron, der im AT auch Enak (Enac, Enach) genannt wurde. Einen Pfeiler (Triumphbogen, bei Luther "Siegzeichen") errichtete Saul (1 Sam 15,12) in der Nähe von Hebron.[35]
  • gegossenen Seulen in der Abtei zu Schafhausen ] Benediktinerabtei Allerheiligen zu Schaffhausen (Schweiz), das zugehörige Münster mit sechs Säulenpaaren - "Allgemeine Bewunderung erregten zu Schaffhausen noch in später Zeit vor Allem die sechs Säulenpaare, welche die Seitenschiffe vom Hauptschiff trennen. Man kam sogar auf die absonderliche Idee, dass sie nicht gehauen, sondern gegossen seien ..." (Karl Henning: Das Kloster Allerheiligen zu Schaffhausen. 3 Tle. Schaffhausen: Brodtmann 1889-1891, Tl. 3, [= Neujahrsblatt des Kunstvereins und des Historisch-Antiquarischen Vereins Schaffhausen], S. 13; Ex. in Heidelberg UB B 67391 Fol - ANGABE NICHT VOLLSTÄNDIG; "Die Hauptkirch/ zu den Aposteln genant/ ruhet auff zwölff steinern Säulen/ deren jede siebezehen Werckschuch in der Höhe/ vnd neun in der runde hat ..." (Martin Zeiller: Itinerarium Germaniae nov-antiquae. Teutsches Reyßbuch durch Hoch vnd NiderTeutschland ... Straßburg 1632, S. 547).
  • Fallpruckketten ] f., Kompositum, nicht im DWB.
  • dintenhorn ] n., ältere Bezeichnung für das Tintenfass.[36]
  • Bambergische Brutkessel (in Ausgabe A und B: Birkessel) - eine Anspielung auf die in den Bamberger Brauereien verwendeten Kessel; vgl. DWB 2, 456 s.v. Brütkessel (diese und eine weitere Stelle aus der Gkl.), paraphrasiert mit lat. ahenum ('eherner Kessel') - s. Gkl:komm:kap03#74: Brütkessel ] RECHERCHE

Absatz 5

  • Namenclatur ] lat. nomenclatura, 'Namenverzeichnis'.
  • Slemslicida ein Hafenreff - obsenogarus Linsenmäuchlin ] Vgl. Jakob Hartlieb: De fide meretricum (1557), Bl. E 10 v: "Lobium ein leib brots ... Obsonogarus ein Linsenmeichel. Slemslirida ein Hafenreff ... Bracus ein Bruch ... Vilhelmus ein Strosack ... Vilrincus ein Pantzer ... Stercus ein Kussin. Anus ein Lecker ... Fornicator ein Offenmacher. Biszincus ein Ofengabel".[37]
  • Hafenreff ] n., 'Topfgestell';[38] s. Gkl:text:parat#21
  • Bracus Pruch ] Bruch, f., 'Hose, Unterhose';[39] lat. braca (bracca) (ebd.); "braca ein bruch" (Ex quo, B 195).
  • Vilvvundus Hackbanck ] Hackbank, f., 'Bank in der Küche zum Zerhacken des Fleisches'.[40]
  • Vilhelmus Strosack ] "viele Halme" (Schilling 2011, S. 80, Anm. 56). Vgl. Rochholz 1857, S. 277 (Nr. 248: "Räthselfragen aus dem Küchenlatein"): "Virgilius ein Besenbinder, Vilhelmus ein Strohsack ..." (ohne Quellenangabe).
  • Vilrincus Pantzer ] Panzer, m., "aus stählernen ringen gemachter pantzer" (Lohenstein; DWB 13, 1428 f.)
  • Stercus Küssin ] lat. stercus, 'Kot, Exkremente'; "ein dreg" (Ex quo, S 1007); Küssen, NF von Kissen, n., Sitzkissen[41]
  • Anus Lecker ] lat. 'Kreis', euphemistisch für den After; "Anus .i. [= id est] culus" (Ex quo, A 573); nach Schilling 2011, S. 80, Anm. 56, nicht als Lemma und Bedeutungsangabe, sondern als Kompositum ('Arschlecker') zu verstehen.
  • Fornicator Ofenpletzer ] lat. fornus, -i, m., 'Ofen'; vgl. fornacator, 'Ofenheizer', fornicator, 'Hurer'; Bletzer, m. 'Flicker' (DWB 2, 110); "Fornax. ein offen" und "Fornicator: idem" (= luxuriator, Gemma gemmarum 1520, Bl. J [8] r).
  • biszinkus Ofengabel ] "biszinkus als makkaronischer Neologismus" (Schilling 2011, S. 80, Anm. 56); Ofengabel, n., 'Kaminbesteck', "ofengabeln das feur zu rucken" (DWB 13, 1159).
  • lobium leib Brot ] lobium, mlat. eigentl. 'Laube'; s.o. Jakob Hartlieb: "Lobium ein leib brots" (Bl. E 10 v); vgl. engl. loaf.
  • obsenogarus Linsenmäuchlin ] Mäuchli, Dim. von Mauch, m., 'grober Kloß' (Schweizerisches Idiotikon Bd. 4, 57); vgl. Mauke, f. 'Brei' (DWB 12, 1781: Mauke 5); "Obsonum. spyß. Sed melius" (Gemma gemmarum 1520, Bl. Q [8] r).
  • Sufflabulum Plaßbalg ] "ein blaspalg" (Ex quo, S 1255); "Sufflatorium. ein blaßbalg. Sufflabulum. idem" (Gemma gemmarum 1520, Bl. BB ij v).
  • Suppedanium Fußbanck ] C: "Suppedauium" (DF!; A: suppedanium; B: Suppedanium) lat. suppedaneum (sub u. pedaneus), Fußschemel (Georges); "Subpedanium est scabellum eyn schemel" (Ex quo, S 1172), "Suppedaneum .i. scabellum. ein banck" (Gemma gemmarum 1520, Bl. BB ij r).
  • Stercorium Scheißhauß ] "Stercorium .i. cloaca vel priuatum ein mist: oder dreckhuff" (Gemma gemmarum 1520, Bl. AA iij v); schizhus, stn. stercorium, cloaca BMZ Bd. 1, 739a (nach Diefenb. Gl. 69); "Stercorium est cloaca uel priuata ... scilicet scheishaus" (Ex quo, S 1004); vgl. lat. stercus, 'Kot, Exkremente'.
  • Sorsicetum Maußloch ] "Sorex .i. mus. ein feltmus" u. "Soricetum. ein mußnest" (Gemma gemmarum 1520, Bl. AA ij r); vgl. "Sorex ein felt muß" (Ex quo, S 847); lat. sorex, -ricis, m. 'Spitzmaus'.
  • scutellarium Schüsselkorb ] "Scutellarium. ein schusselkorb" (Gemma gemmarum 1520, Bl. y [4] v); vgl. lat. scutula, 'flache Schüssel' und scutella, 'Trinkschale', "Scutella eyn schüßel" (Ex quo, S 347); Schüsselkorb, m., 'gestell, geflecht, auf das man schüsseln setzt' (DWB 15, 2075).
  • Porcistetum Seustall ] "Porcistetum est stabulum porcorum. suwstal" (Gemma gemmarum 1520, Bl. T v r); lat. porcus, 'Schwein'.
  • Pullarium Hünerkorb ] "Pullarium. ein huener korb" (Gemma gemmarum 1520, Bl. U ij r); "Pullinacium ein honer korff" (Ex quo, P 1380).
  • Post cras vbermorgen ] "Postcras .i. perendie. vbermorgen" (Gemma gemmarum 1520, Bl. T v r); "Postcras vbermorn" (Ex quo, P 855).
  • Pomerium Oepfellmuß ] "Pomarium est locus, vbi poma seruantur" (Ex quo, P 786); "Pomacium potus vel cibus ex pomis factus. ein apfellmuß oder tranck" (Gemma gemmarum 1520, Bl. T iij v), "Pomerium. ein zwingel hoff" (ebd.); "Pomacium ... potus vel cibus ex pomis factus ... eyn appel mus" (Ex quo, P 785) - wohl eine versehentliche Vertauschung des Lemmas Pomerium/Pomarium mit der Erklärung für Pomacium.
  • Offagium Eyersupp ] "Offagium. ein eyger supp" (Gemma gemmarum 1520, Bl. R v); "Offagium eyer ym smaltz" (Ex quo, O 154).
  • Mastigare mesten ] vgl. "Masticare kuwen [= kauen]" (Ex quo, M 188); "Masticare ... kuwen" (Gemma gemmarum 1520, Bl. N 3 v).
  • Pelliparius Lederbereiter ] "Pelliparius. ein ledergerber" (Gemma gemmarum 1520, Bl. S iij v); "chürsner", "pellifex" (Ex quo, P 310).
  • Digeteca Fingerhut ] (Ex quo, D 345.2); "Digitale et digitabulum. ein fingerhut" (Gemma gemmarum 1520, Bl. G [4] v).
  • Leccator schlecker ] "eyn lecker" (Ex quo, L 150); Schlecker, m., 'Leckermaul, Näscher, Schwelger' (DWB 15, 551).
  • Alabrare Haspeln ] "Alabrare. haspelen" (Gemma gemmarum 1520, Bl. A [6] r); vgl. "Alabrum ein haspel" (Ex quo, A 301); haspeln, v., "das garn auf einen haspel wickeln, garn winden" (DWB 10, 545).
  • Antecopium Forschopff ] Stirn, Haaransatz, vgl. for, 'vor, vorder, vorne' (DWB 3, 1888) und Schopf, m., 'Haarbüschel, Haupthaar, Kopf' (DWB 15, 1527); s. auch Vorschopf, n., 'Vorhof, Vestibulum' (DWB 17, 1499 f.). Vgl. "Antecopium. vorkauff" (Gemma gemmarum 1520, Bl. B r).
  • Auriscalpium OhrLöffel ] vgl. Scalpere, "kraczen", "fricare" (Ex quo, S 235); Ohrlöffel, m., 'löffelartiges Instrument zur Reinigung des Gehörganges';[42] "Auriculare. ein orleffel" (Gemma gemmarum 1520, Bl. L ij r).
  • Dentiscalpium Zansteurer ] lat. dentiscalpium, 'Zahnstocher' (Georges); "Dentiscalpium. da man die zen mit sybert" (Gemma gemmarum 1520, Bl. G iij r).
  • Berillus Prill ] "eyn bril", "augen glass" (Ex quo, B 97); "Berillus ... ein bryll" (Gemma gemmarum 1520, Bl. C iij v).
  • Blauipes Plaufuß ] vgl. Blaueus, "bla" (Ex quo, B 168); Blaufuß, m., falco cyanopus (Falkenart) (DWB 2, 84); "Blauipes: est talis auis. ein blaw fuß" (Gemma gemmarum 1520, Bl. C [8] v).
  • Facialis Butzenantlitz ] von lat. facies, 'Antlitz'; Butzenantlitz, n., 'larva, persona' (DWB 2, 595) resp. Fastnachtsmaske.
  • Horripilatio Haargrausen ] "Horripilacio est, quando pili capitis pre horrore eriguntur" (Ex quo, H 147.2).
  • Ovificare Eyerlegen ] "Ouare eyer legen" (Ex quo, O 354).
  • Palpo tölpel ] vgl. "Palpo ein smeicheler" (Ex quo, P 61); "Palpo onis. qui palpat vt cecus vel adulator. ein zutytler" (Gemma gemmarum 1520, Bl. S r).
  • Casiprodium Keß vnd Brot ] vgl. "Brodium bruwe", "suppen" (Ex quo, B 214); "Brodium. ein brue: oder sup" (Gemma gemmarum 1520, Bl. D r).
  • buccaldus Bücking ] "Buccaldus dicitur ... ein bucking" (Gemma gemmarum 1520, Bl. D v); Bücking, m., 'Bückling, geräucherter Hering'.[43]
  • Burgarius Burger ] "Burgarius ad burgum .i. ad castrum pertinens" (Gemma gemmarum 1520, Bl. D v).
  • Burgimagister Burgermeister - Burista Baur ] aus den EOV (Böcking) III, 534: "ein Burgermeister, Burgimagister … ein Bauer, Burista"; "Burgimagister. ein burgermeister" (Gemma gemmarum 1520, Bl. D v).
  • Burista Baur ] vgl. "Buris eyn pflugstercze" (Ex quo, B 244); "Buris est cauda aratri. ein pflugstertz. Inde burista communis generis ein pflugheber: man oder wyb" (Gemma gemmarum 1520, Bl. D v).
  • Poltopfodium Holtzschuch ] "von 'poltern' und 'Pfote'" (Schilling 2011,. S. 80, Anm. 57); vgl. "Podium est baculus, super quem sustentamur" (Ex quo, P 745); "Podium ... vel est baculus super quem sustentatur vel Non de ponte cadit qui per podium bene vadit" (Gemma gemmarum 1520, Bl. T iiij r).

271

  • Cantrifusor Kannegiser ] "Cantrifusor eyn kangiser" (Ex quo, C 111); "Cantifusor. ein kannengieser" (Gemma gemmarum 1520, Bl. D iij v); Kannengießer, m., 'Zinngießer'.[44]
  • Carrucator Karrenman ] vgl. lat. carrucarius, m., Fuhrmann (Ramminger: Neulat. Wortliste); "Carruca ... ein karre" (Ex quo, C 198); "Carrucarius. ein kercher. Carrucator. idem" (Gemma gemmarum 1520, Bl. D iiij v).
  • Emplastrare Pflastermachen ] vgl. "Emplastrum eyn plaster" (Ex quo, E 154); "Emplastrum quod super foramina morbi ponitur. ein plaster" (Gemma gemmarum 1520, Bl. J r).

/ 204 /

  • Ceruisianum Bir im Prot gesotten ] "Ceruisianum. byer vnd brot" (Gemma gemmarum 1520, Bl. D [7] r).
  • Ceruisiana Birwisch ] "Ceruisia est signum pendens ante tabernam. ein byerwisch" (Gemma gemmarum 1520, Bl. D [7] r); Bierwisch, m., 'Schank-, Gasthauszeichen'.[45]
  • Chirogrillus Mörkatz ] Cirogrillus, "ein merkatz" (Ex quo, C 476); "Chirogrillus. ein merkatz" (Gemma gemmarum 1520, Bl. D [8] v); Meerkatze, f., langgeschwänzte Affenart;[46] s. auch Chirogryllus (Du Cange 2, 310a).
  • Marcipotus Weinkauff ] "Mercipotus winkauff" (Ex quo, M 323); "Mercipotus. ein winkauff" (Gemma gemmarum 1520, Bl. P v r); Weinkauf, m. 'Trunk zur Bestätigung eines Kaufgeschäfts'.[47]
  • Cupa Kuff ] "Cuppa est vas magnum, fueder aut kueff" (Ex quo, C 1204); "Cupa. ein kuff" (Gemma gemmarum 1520, Bl. F [4] v); Kufe, f. 'Gefäß, Tonne, Fass';[48] vgl. cupa 1, "nostris Cuve, Germanis Kufe" (Du Cange 2, 656c).
  • Stufa stub ] "Stuba eyn stube" (Ex quo, S 1101); "Stupha. ein stub" (Gemma gemmarum 1520, Bl. BB r).
  • cucurbitare supponiren ] vgl. lat. cucurbita, f., Schröpfkopf (Georges); davon abgeleitet cucurbitatio, 'Schröpfen'; "den Mann vergnügen durch intimen Verkehr" (Nyssen); supponieren, vb., "'vnterlegen, vntersetzen oder stellen, vnter etwas thun, vnterschieben, etwas falsches an stat des wahren thun'. S. Roth dict. (1571) P8a" (DWB 20, 1255).
  • gracillare krähen ] "gracillare ... krewen" (Ex quo, G 213); "Gracillare. kreyen. vt galline" (Gemma gemmarum 1520, Bl. K [4] v).
  • funcilare feurschlahen ] vgl. "Fugillare ... fúr schlahen" (Ex quo, F 540.2); "Fugillare. fuerschlagen" (Gemma gemmarum 1520, Bl. K v).
  • formipedia schuhleist ] "Formipedia ein leist" (Ex quo, F 415); "Formipedia. ein leyst" (Gemma gemmarum 1520, Bl. J [8] r).
  • focarista koch ] "Focarista: idem [ein kochin]" (Gemma gemmarum 1520, Bl. J [7] v); vgl. lat. focus, 'Herd'.
  • filatissa spinnerin ] "Filatissa. ein spinnerin. qui vel que pro pretio filat" (Gemma gemmarum 1520, Bl. J [6] v); vgl. lat. filare, 'spinnen' (Ex quo, F 254)
  • figellator fideler ] "Figellator ein fiddeler" (Ex quo, F 246); "Figellator. ein fydler: ein gyger" (Gemma gemmarum 1520, Bl. J [6] v).
  • Farricaptio melkasten ] "Farricapcio melkast" (Ex quo, F 80); "Farricaptio: est cista que capit farinam. ein melkist" (Gemma gemmarum 1520, Bl. J v r).
  • Fabacium bonnenstro ] "Fabacium bonestroe" (Ex quo, F 1.1), i.e. Bohnenstroh; "Fabacium. bonenstro" (Gemma gemmarum 1520, Bl. J iiij r).
  • Epicolarium Halsgoller ] "Epicollerium. ein oberrock" (Gemma gemmarum 1520, Bl. J r); vgl. "Collerium", "ein koller uel krage" (Ex quo, C 636); Halsgoller, Halskoller, m. und n., 'halskleid, kragen um hals und brust'.[49]
  • equistarium Roßstall ] "Equistarium. ein pferdtstal: vbi equi stant in domibus" (Gemma gemmarum 1520, Bl. J v); vgl. lat. equile, 'Pferdestall'.
  • Habenare halten ] "Habenare. halffteren oder zeumen" (Gemma gemmarum 1520, Bl. L v); vgl. lat. habena, f., die "Halte" (Georges).
  • insellare sattelen ] "Insellare sateln" (Ex quo, I 483); "Insellare. sattlen" (Gemma gemmarum 1520, Bl. N [4] r).
  • lebifusor keßler ] "Lebifusor. ein tigelmacher. Lebetarius. ein kesselmacher" (Gemma gemmarum 1520, Bl. O v); "Lebifusor eyn tigelgießer", "tigelmacher" (Ex quo, L 149); Keßler, m., 'Kesselmacher'[50] - offenbar ein Zeilensprung von "Lebifusor" zu "kesselmacher".
  • pantaplasta pfannen pletzer ] vgl. "Plastes. ein schepffer oder ein haffenmacher" (Gemma gemmarum 1520, Bl. T iij v); vgl. Pfannenpletzer Gkl:komm:kap01#41
  • culpo baurenschuch ] "culpo als korrekte mittellateinische Bezeichnung für Bauern- oder Bundschuh" (Schilling 2011, S. 80, Anm. 57); Vocabularius optimus (Ed. Wackernagel 1847), S. 26, Nr. 104: "Culpo Gebuornshuoch"; vgl. Diefenbach: Glossarium 162a.
  • Stulpo baurenstiffel ] "als Reimwort zu culpo, abgeleitet von 'Stulpe, Stulpenstiefel'" (Schilling 2011, S. 80, Anm. 57); Diefenbach: Glossarium 521c: Sculponea, "filtzschuoch".
  • nascula nestel ] nastula, f. 'Fibel, Spange' (Nyssen); auch nascula, f. "bendel", "heftel" (Diefenbach, S. 375). - nestel, f., m. und n., '(an dem einen ende mit einem stifte oder metallbeschlag zum durchstecken versehener) schnürriemen'.[51]
  • Strefa stegreiff ] "Strepa ein stegereiffe" (Ex quo, S 1077); "Strepa: est cauda serpentis. oder ein stegreiff" (Gemma gemmarum 1520, Bl. AA [4] v); Stegreif, m., 'Steigbügel'.[52]
  • Murarius Maurer ] vgl. "Murator eyn mürer" (Ex quo, M 638); "Murator. murer" (Gemma gemmarum 1520, Bl. P [8] v).
  • Strigilare strigeln ] "die pherde strigeln uel schern" (Ex quo, S 1084); "Strigulare. strigeln" (Gemma gemmarum 1520, Bl. BB r).
  • Birretum Paret ] "Birettum ein korhut, barete uel nacht hubichen" (Ex quo, B 143); "Birretum. ein biret: oder ein nachthub" (Gemma gemmarum 1520, Bl. C [4] r).
  • Bibalia Trinckgelt ] vgl. Bibales, "trinkegelt" (Ex quo, B 106).
  • Transgulare verschlinden ] "Transgulare .i. trans gulam mitter. verschlinden" (Gemma gemmarum 1520, Bl. LL v v); verschlinden, v. 'verschlingen' (DWB 15, 1106-1108).
  • Tremulus Tremmel ] "Tremulus dicitur res tremens ex timore uel alia causa" (Ex quo, T 517.1); "Tremulus a um. zitteren" (Gemma gemmarum 1520, Bl. LL [6] r); vgl. it. tremolo. Das im DWB 2, 1399 f. unter Dremel (Tremmel) angeführte Wort mit der Bedeutung 'Balke, Stange, Stecken' trifft hier nicht zu; vgl. dürmeln, v."umgestellt trümeln" (DWB 2, 1733).
  • Tremulare Dörmeln ] "Tremulare biben, zittern" (Ex quo, T 518); "Tremulare. erbydmen" (Gemma gemmarum 1520, Bl. LL [6] r); vgl. hingegen dörmeln, dorme(l)n, 'schlummern, halb schlafen, im ersten Schlaf, Halbschlummer liegen' (Rheinisches Wörterbuch 1, 1418); dürmeln, türmeln, v. 'taumeln, schwanken';[53] in ²DWB Bd. Sp. Blindverweis auf turmeln.
  • Ventilugium Wetterhan ] "Ventilogium ein wetter han" (Ex quo, V 124); "Uentilogium. ein wetterhan. in turri" (Gemma gemmarum 1520, Bl. DD ij v).
  • Ventimola Windmül ] "Uentimola. ein wintmyl" (Gemma gemmarum 1520, Bl. DD ij v).
  • Quascula Wachtel ] "Quiscula ein wachtel" (Ex quo, Q 164); "Squascula wahthel" (Ex quo, S 970.6)
  • lappa Schupletz ] vgl. Jakob Hartlieb: De fide meretricum (1557), E11r: "Glis lappa, ein Schuchpletz"; Schuhbletz, m. 'Schuhfleck, -flicken'.[54]
  • gabelinum ] vgl. "Gabula est furca uel patibulum" (Ex quo, G 2); "Gabula vel lum. est furca vel patibulum. Gabea. ein gabel" (Gemma gemmarum 1520, Bl. K ij r).
  • Kurant ] (die) 'Kuh rannte', äußerlich ähnlich lat. currans, -tis, 'gängig' (Nyssen); die folgenden Schnellsprecher sind wohl als Pennälerscherze anzusehen. "Sauerkrautlatein der Schüler" (Alfred Liede: Dichtung als Spiel. Studien zur Unsinnspoesie an den Grenzen der Sprache. 2 Bde. Berlin: De Gruyter 1992, S. 210); Rausch: Spieleverzeichnis 1908, S. LXIX; Ernst Ludwig Rochholz: Alemannisches Kinderlied und Kinderspiel aus der Schweiz. Leipzig: J.J. Weber 1857, S. 47-53: Sauerkrautlatein (unter mündlich zusammengetragenen Beispielen auch Zitate aus Fischarts 17. Kapitel); Hess: Deutsch-lateinische Narrenzunft (1971), S. 238 spricht von einer "wüsten deutsch-lateinischen Sequenz ..., die blanken philologischen Unsinn verbalisiert"; Richard Wossidlo: Mecklenburgische Volksüberlieferungen. Bd. 1: Rätsel. 1897, S. 322 stellt diese Passage zu den mündlich überlieferten Halslösungsrätseln Nr. 964-965: "Riesuhries" ('Riese schlug ein Reis ans Ohr') und "Hochboomus kreihnestus" ('Im hohen Baum ein Krähennest'), unter den Varianten (S. 201-209): 965,39: "Kuhrantebarch" ('Kuh rannte zum Berg"), 965,54 "lahmentus", 964,32 "kokliaas" ('Kuh aß Klee'), 965,53 "kreihsandus", 965,1 "lämmerdanzus", 965,9 "schuhlappika".
  • virlam enten ] 'vier lahme Enten', äußerlich ähnlich für lat. vir ('Mann') und lamenta ('Wehklagen')
  • ku klee aß ] vgl. lat. cochlea(s), '(den) Schnecke(n)'
  • kräh sand aß ] vgl. lat. crescare, 'wachsen', part. crescans.
  • mistelinum gabelinum, treib den Son auß dem stalino hinab das Stiglinum ] Der bäuerliche Wortschatz wird nur mit lat. Endungen versehen. Die Erzählung vom unbelehrbaren Bauernsohn findet sich bei Montanus: Gartengesellschaft, Kap. 10 (Gelt begert eins bauren sůn ann sein vatter): " 'Sůn, was haisst ein gabel?' Antwurt der sůn: 'Gäbelinum'. - 'Was haisst mist?' Antwurt: 'Mistelinum'." - Ähnlicher Scherz bei Murner: Narrenbeschwörung (29, 165 ff.): "so mach dir selber ein latinum | Mistellinum, gebelinum ... galgelinum". Zu späteren Versionen Carl Blümlein: Zur Geschichte der maccaronischen Poesie. In: Berichte des Freien Deutschen Hochstiftes NF 13 (1897), S. 215-244, hier S. 236 f.; Ders. (Hrsg.): Die Floia und andere deutsche maccaronische Gedichte. Straßburg: Heitz 1900, S. 32 f.; Wossidlo 1897, Nr. 965,57 (S. 209) bietet eine mündliche Variante aus Mecklenburg: "mien soen, nimm nu de forkibus un lad' den messdidum up de karrimus, süsskaam ik die up den rückdimus".
  • speckorum Kelberdantzen ] Kälbertanz, m. 'ausgelassener Tanz' (Bauernhochzeitstanz).[55] "Bei Fischart ... folgt ein dunkles 'Speckorum Kälbertantzen' im Lateinunterricht auf den Satz: 'Treib den Sohn ...' " (Friedrich Kluge: Deutsche Studentensprache. Straßburg: Trübner 1895, S. 40). Giorgio Sichel: Per una storia della letteratura tedesca. Pisa 1983, zitiert S. 187 Murner ("Mistelinum gebelinum")und S. 202 Fischart, in der Anm. dazu auf S. 211 heißt es: "Nella clausola 'speckorum Kelberdantzen' è evidente l'allusione all'aborrito Murner" / "In der Schluss-Formulierung ... steckt offensichtlich eine Anspielung auf den verhassten Murner". Die Bemerkung ist mir unverständlich.

Absatz 6

  • exponiren ] 'auslegen, erklären' (²DFWB 5, 521-526, hier S. 522: exponieren 1 a; Belege 523 f.).
  • Collectas ] lat. collectae, "die der Epistel vorausgehenden bei der hl. Messe ... verrichteten Gebete, Sammelgebet" (Sleumer, S. 220; Hinw. Nyssen); Meß- und Breviergebete (es gibt verschiedene Collecten, je nach Anlaß und Feiertag) .
  • Quesumus - à nostris periculis ] Die Auslegung ist übernommen aus Jakob Hartlieb: De fide meretricum (1557), E12r: "Docuit et eos interpretari Collectas, dicens .. Quae sumus, die wir seindt, omnipotens Deus, himelischer Vatter, vt, auff das, beatus Apostolus, sant Batt, imploret, dass er bewein, pro nobis, vor vns, tuum auxilium, dein elendt, vt, auff dass, absoluti, so wir bezalt haben, à nostris reatibus, vnsern schuldnern, etiam exuamur dass wir nicht aussgezogen werden, à nostris periculis, von vnsern Kleidern vnd leusen." (Hinw. Schank 1974, S. 101, Anm. 265.) In der Messliturgie begegnet der lat. Gebetstext im Supplementum Anianense, XLVIII: Missa in natale unius apostoli: "Quaesumus omnipotens deus, ut beatus ille apostolus tuum pro nobis imploret auxilium, ut a nostris reatibus absoluti, a cunctis etiam periculis exuamur." / "Wir bitten (dich), Allmächtiger Gott, dass dein heiliger Apostel N. für uns deine Hilfe erflehe, dass wir erlöst von unseren Sünden, auch befreit von allen Gefahren sein mögen." (Jean Deshusses: Les sacramentaire Grégorien. Ses principales formes d'après les plus anciens manuscrits. Edition comparative. Tome pemier: Le sacramentaire, le supplément d'Aniane. 3ieme éd. Fribourg 1992, Nr. 1221, S. 412.) [Vorschau]; Jean Deshusses: Concordances et tableaux pour étude des grans sacramentaires (Spicilegii Friburgensis subsidia Bd. 14). Universitätsverlag 1982, [Vorschau] , hier S. 25: "reatus ... nostris reatibus absoluti (a) cunctis etiam periculis eruamur (exuamur)"; Texte und Arbeiten hrsg. durch die Erzabtei Beuron. 1941, S. 182 f.: "Beatus Andreas pro nobis, Domine, quaesumus, imploret apstolus, ut et nostris reatibus absoluti cunctis etiam periculis eruamur ... Quaesumus, opts. Deus, ut beatus Andreas apostolus pro nobis ..." (autopsieren). Cunibert Mohlberg, Adolf Rücker: Liturgiegeschichtliche Quellen und Forschungen. 3 Tle. 1921, Heft 2: Das Sacramentarium Gregorianum, S. 101: "Item die suprascripto uigilia sancti Andreae. Quaesumus omnipotens deus, ut beatus Andreas apostolus pro nobis imploret auxilium, ut a nostris reatibus absoluti a cunctis etiam periculus exuamur."
    • Nikolaus Henkel: Deutsche Übersetzungen lateinischer Schultexte. 1988, S. 119 f. (mit Aufzeigen der Fehler bei der Auslegung).
  • Agnus Dei - Miserere nobis ] Gebet, Bestandteil der Messliturgie; korrekte Übersetzung: "Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünden der Welt, erbarme dich unser." - Als missglückte Übersetzung eines ungelehrten Schulmeisters zu Erfurt bei Frey: Gartengesellschaft, Kap. 8 (Ed. Bolte 1896, S. 17,1-19) und Johannes Adelphus: Margarita facetiarum (1508), Bl. o 6 r ("quidam stultus"); Abdruck in der Ed. von Bolte 1896, S. 170,7-18 (Hinw. Schilling 2011, S. 80, Anm. 58).
  • Sacerdotes tui - sancti tui exultent ] Psalm 132,9: "Deine Priester lass sich kleiden mit Gerechtigkeit, und deine Heiligen sich freuen" (Hinw. Nyssen). - Die missglückte Übersetzung ebenfalls bei Frey und Adelphus, gleich im Anschluss an die vorige.
  • Dant duo bos - sacerdos ] Der Hexametervers stammt aus dem Doctrinale (der Versgrammatik) des Alexander de Villa Dei (Ed. Reichling 1893), V. 649-652: "hic os praeponis; tenet hoc os oris et ossis | et chaos atque melos, Argos [logos associatur] | dant duo bos, impos, compos custosque, sacerdos. | haec dant cos, dos, glos; sic Graeca locantur et arbos." - "Dies os setzte voran; hoc erfasst os, oris, n. (Mund) und os, ossis, n. (Knochen) und chaos, n. wie melos, n. (Gesang), Argos, n. [ logos, m. wird beigesellt], zwei (Geschlechter) erzeugen bos, m.f., impos, compos, custos, sacerdos (Kuh/Ochse, der/die Kraftlose, Wächter(in), Geistliche), haec geben an cos, f. (Wetzstein), dos, f. (Gabe), glos, f. (Schwägerin); so werden sie verortet und auch Griechisch arbos, f. (Baum)." Vgl. die heutigen Merkverse: "Ein Femininum ist auf -ōs | die zahnlautstämm'ge Mitgift dōs. | ōs, ōris Mund als Neutrum brauch; |dazu os, ossis Knochen auch." - Mithilfe der Merkverse werden die Geschlechter der auf -ōs, os endenden Subtantive eingeübt. - Dieselben Auslegungskünste finden sich bei Frey: Gartengesellschaft, Kap. 114 (Ed. Bolte 1896, S. 131), "Von einem sigristen, der sich beklagt von den pfaffen". Dort wird über die Auslegung eines Verses Alexanders durch den Pfarrherrn von Cappel, Herrn Lupi, gesprochen, die da lautet: "Impos, die bawren. Dant, sie geben. Duo bos, zwen ochsen. Sacerdos, dem priester. Compos, den gumpost. Custos, dem sigristen. Darum so müssen wir alle zeit arme sigristen und sie reiche pfaffen sein".

272

  • Gumpost ] Gumpost, m. n. 'Kohlhäupter, in Teile geschnitten, gekocht und eingemacht, gesäuertes Kraut'.[56]
  • qui conuertit petras in stagna aquarum ] Psalm 113,8: "qui convertit petram in stagna aquarum" / "der den Fels wandelte in einen Wassersee". Die Fehlübersetzung erwähnt bei Rochholz 1857, S. 51. kehr
  • die Preposition, ad Patrem - circa sepem ein Kütreck ] Deutschprachige Merk-Örter, um Präpositionen mit den dazugehörigen Fällen (ad, apud, ante, prope, sine) auswendig zu lernen. Vgl. hierzu den Donat 1574, Bl. E r/v: "Ad patrem / Zum Vatter, apud villam / bey dem meyrhoff, ante aedes / vorm hauß ... prope fenestram / beym fenster, ... sine labore / ohn arbeyt ...". - Die Passage ist übernommen aus Jakob Hartlieb: De fide meretricum (1557), Bl. E10 v (Zarncke S. 76): "Deinde docuit eos exponere orationes: Ad patrem der nontag, apud villam ein bur an der sunnen, ante aedes ein betler, prope fenestram ein schnyderknecht, sine labore ein pfaffenknecht, circa sepem est aequivocum, uno modo est 'Mendicus quaerens pediculos', alio modo iß ein kütreck."
  • Ad patrem den nontag ] Nontag, m. 'Himmelfahrtstag' (DWB 13, 881); 'dem Vater (gönnt man) den Himmelfahrtstag'.
  • und deßgleichen gehäck auß der Cavaten zu Erfurt ] Gehäck, n. 'Mischmasch';[57] 'Vermengtes'. Vgl. Jakob Frey: Gartenges. Nr. 8 (Von eim ungelerten schůlmeister, der das Agnus dei außlegt): "Der schůlmeister sagt, er het solchs uff der cavaten da selbst zů Erffurt gelert" (vgl. oben, S. 271: "Agnus dei" und "Sacerdotes tui induantur"). Bolte (ed. Jakob Frey, Gartenges.), S. 292: "cavate = bogengang am Erfurter dome" (vgl. DWB 11, 21 f. u. Lexer s.v. kaffate); beliebter Treffpunkt der Jugend am Abend.

Absatz 7

/ 205 /

  • de modis significandi ] Garg. 1573, S. 44: "Puy luy leut de modis significandi,, auec les commens ..." - De modis significandi ist eine spekulative Grammatik des Thomas von Erfurt, wurde jedoch auch Johannes Duns Scotus, Albertus de Saxonia und Albertus Magnus zugeschrieben. Heidegger charakterisiert das Werk als Kategorien- und Bedeutungslehre (vgl. Niederehe 1973, S. 59: "allgemeine[] Semantik"). Drucke: Questiones Alberti de modis significandi. S.l. [1496]; De modis significandi seu grammatica speculativa. Venedig 1499.[58] Erasmus: De utilitate Colloquiorum (im Anhang seiner Colloquia) [Opera omnia. Bd. 3 1969, S. 746 f. Stellenangabe prüfen!] zählt De modis significandi zu den schädlichen Schulschriften: "illorum qui miserae juventuti Mammetrectos, Brachylogos, Catholicontas et significandi modos obtrudebant" (Lefranc I,14,20).
    • Lit.: Martin Heidegger: Die Kategorien- und Bedeutungslehre des Duns Scotus [sic]. [Habil.-Schrift] Tübingen 1916; Thomas von Erfurt: Abhandlung über die bedeutsamen Verhaltensweisen der Sprache (Tractatus de Modis significandi). Aus dem Lateinischen übersetzt und eingeleitet von Stefan Grotz. Amsterdam 1998.
  • mit den Commenten des Hurtebitze - deß Breligandi ] Garg. 1573: , S. 44: "... auec les comments de Hurtebize, de Fasquin, de Troppiseux, de Gaulehaut, de Iean le veau, de Billonio, Breligandus & vn tas d'autres"" - Die Glossatoren sind von Rabelais erfunden und wurden von Fischart nur leicht der deutschen Schreibweise anverwandelt. Gualehaul ist ein König aus dem Lancelot-Roman (Lefranc I,14,22 ff.; Steinsieck zu 55,29 f.). Eine Ausnahme ist in "Jan Kalbe" zu sehen, der als Briefschreiber Joannes Kalp in den EOV (II,48) begegnet. Jean le Veau ist zugleich im Frz. der Spitzname von Anfängern im Schulunterricht (Lefranc, ebd.; Steinsieck zu 55,29 f.).
  • Fronfastengeltsammeler ] i.e. 'Schulmeister'; Fronfasten: Fasten zu den vier Quatember-Zeiten im Jahr (Mittwoch, Freitag und Samstag nach St. Luzia, Aschermittwoch, Pfingsten und Kreuzeserhöhung). An Fronfasten (Beginn des neuen Quartals) erhielten die Schulmeister von jedem Schüler das Schulgeld. Vgl. zur Besoldung der Lehrer Karl Schmidt's Geschichte der Pädagogik. 3., verm. Aufl. von Wichard Lange. Bd. 2. Cöthen 1878, S. 315: "Ein jeder in der Stadt [Stuttgart] geborene Schüler ... soll geben jede Fronfasten dem Schulmeister 4 Schilling"; Schulordnung 1501); Real-Encyclopädie des Erziehungs- und Unterrichtswesens nach katholischen Pincipien. Bearb. von Hermann Rolfus und Adolph Pfister. 2. Aufl. Bd. 3. Mainz 1874, S. 350; Geschichte des humanistischen Schulwesens in Württemberg. Bd. 3. Tl. 1: Kohlhammer 1928, S. 11; Schweizerisches Idiotikon Bd. 13, S. 290 und 782. - Vgl. Frohnfaste, f. DWB 4, 237 (mit dieser Stelle, ohne Aufschluss); Fronfastengeld, n. ElsWB Bd. 1, 215b (ohne Aufschluss).
  • Lochfegende Ruten König im Birckenwald ] Die Schulmeister fegen den blanken Hintern der Schüler mit der Rute aus Birkenreisern. Vgl. Birkenreis, n. (DWB 2, 39); Rute, f. (DWB 14, 1559-1564, Rute II,1,b,α).
  • im copulat ] Garg.: "au coupelaud" / "im Tiegel"; 'auf der Probe', 'buchstäblich'; coupelaud, frz. 'Tasse', auch Gefäß zum Schmelzen von Stoffen (Metallen); Adolf Klett: Lexikographische Beiträge zu Rabelais' Gargantua. Diss. Heidelberg 1890, S. 30: "gleich à la coupelle, 'bei der Prüfung'"; "Fischart hat den Ausdruck nicht verstanden" (Weidmann 1913, S. 22). - Copulat, n. 'Vereinigung'; lat. copulari, 'zusammenbinden, vereinigen'; Gemma gemmarum (1520), Bl. F iij r: "Copulatim. i. coniunctim. zusamen." Frantzen 1892, S. 58 ("au coupelaud" sei sorgfältig herübergenommen aus dem Französischen, aber für den deutschen Leser unverständlich).
  • prauchen wie die Pragische Würffel ] Spielte man das Würfelspiel in Prag mit zwei Würfeln (sonst drei)? Vgl. Kap. 25, S. 320, "Der drey würffel" und Kap. 25, S. 216 "da bracht man alsbald ein hauffen Welscher ... Karten, Pragischer Würffel, vnd die Schantzen von Prettspiel". Birlinger 1880, S. 31 erwähnt zu Schillers Wallenstein und dem dort vorkommenden "Bauer mit den falschen Würfeln" diese Stelle (nach der Ausg. 1631, Bl. R iijb) und aus dem Kap. 25 die "Pariser Würffel" (die allerdings nur in der Ausgabe 1631 erscheinen, Bl. V 1 v).
  • wust auff eim nägelin ] Garg: "et prouvoit sus ses doigtz à sa mère" / "und bewies seiner Mutter an den Fingern" (Übers. W. Steinsieck) - Nägelein, n. 'kleiner Finger- oder Zehennagel'; "auf ein nägelein, auf einem nägelein kennen, wissen" (DWB 13, 264 f.) s. Nagel, m. (DWB 13, 259, Nagel I, 1, o), "aufs kleinste genau, in allen theilen kennen u.s.w., gleichsam bis zum nagel der fingerspitzen kennen"; lat. "ad unguem". Vgl. EOV II,69 "quasi super unum unguem scivi mentetenus" / "bis auf die Nagelprobe auswendig weiß" (Übers. W. Binder).
  • das de modis significandi non erat scientia] 'dass De modis sifnificandi keine Wissenschaft war'.
  • vnnd wo defectuositas sey cervelli oder rationum, daß man Captiuitatem rationis, soll einwenden ] 'und dass man, wo Gebrechlichkeit des Gehirns oder Verstandes vorhanden sei, Verlust des Verstandes als Einwand vorbringen soll'. - mlat. cerebellum, cervellum, 'Gehirn'.
  • Rubrum compositum heißt ein Rubengompost ] ein sorgfältig ausgeführtes oder verziertes Rubrum: eine Schriftauszeichnung (z.B. Überschrift, Inhaltsangabe). Vgl. Gemma gemmarum (1520), Bl. X 4 v: "Rubricator est ille: qui scribit cum rubrica."

Absatz 8

  • beyde Partes für die Tabulisten und Contonisten ] Druckfehler; in AB: "Catonisten" - Alexander de Villa Dei: Doctrinale, Pars 1 u. 2 (von vier partes); Pflichtprogramm im Studium der Grammatik (hier für die Grundschüler: die Wachstafelmaler und Cato-Adepten) - Alexander de Villa Dei: Doctrinale puerorum. Mehrere ital. Drucke des 15. Jhs.; Straßburg: M. Hupfuff 1506 u.ö. - Tabulista: Grundschüler (der mit den Tabulae/Tafeln lernt); Catonista, 'Schüler, der den Cato als Lehrbuch nutzt'. Vgl. Es tu scholaris (Nürnberg 1495/1500), A iiij r: "Es tu scolaris? sum. quid legis. Non lego sed audio. Quid audis. tabulam vel donatum vel alexandrum vel loycam vel musicam."
  • Es tu Scholaris? ] Es tu scholaris, weitverbreitetes grammatisches Schulbuch des Mittelalters. Drucke: Compendiosa materia pro iuuenum informatione satis magistraliter compilata cuius tiutlus Es tu scolaris [Holzschnitt]. Freising: Johann Schäffler 1495; Straßburg: M. Hupfuff 1507 [VD16 E 3946; vgl. GW 9398-9425; VD16 E 3943-3951). Incipit: "Es tu scolaris? Sum: Sum que pars est. verbum ..." (Straßburg 1495, A ij v); weitere Beispiele: "Es tu scutellaris? Non sum. quare? quia non lauo scutellas in coquina"; "Es tu scalaris? Non sum."
  • Sum Scholaris - Sum quae Pars? ] (Incipit) "Ich bin wirklich ein Schüler. Wenn du es nicht glauben willst, frage. 'Sum', welcher Teil (des Satzes) ist das?"
  • Waher kompt Volo? Vom Griechischen Beniamin ] Diese Passage parodiert keineswegs das pseudo-etymologische Herleitungsverfahren aus dem Griechischen im Es tu scholaris und anderen scholastischen Schulgrammatiken, z.B.: "Unde dicitur scolaris? dicitur a scolon grece ...", sondern ist bloßes Zitat aus einer lat./dt. vermehrten Ausgabe desselben Lehrbüchleins. - Beniamin, hebr. 'Sohn der Rechten', ersetzt fehlgelesenes βουλομαι (Schank 1974, S. 455 f. spekulativ, aber zutreffend). Im Abschnitt über die anormalen Verben ("Sum, volo, fero, atque edo, Tot et anormala credo") beginnt der Dialog von Schüler und Lehrer: "Es tu scholaris. sum. Unde dicitur sum. dicitur a greca dictione hemi. mutando in s et e i u. et de ponendo i. sic habes sum. Unde dicitur volo. dicitur a beniamin grece mutando ben in vo et iamin in lo. sic habes volo. versus Est volo formatum a beniamin bene vocatum. Unde dicitur fero. dicitur a phoos grece mutando pho in fe et os in ro sic habes fero. Unde dicitur edo. a phagin grece mutando pha in e. et gin in do. sic habes edo." (Es tu scholaris. Augburg: Schönsperger 1511, Bl. A ij r; vgl. A.B.R. (Belmont): "Es tu scolaris". In: Notes and Queries: Medium of Inter-Communication for literary men, artists, antiquaries, genealogists,etc. Vol. 9: January-June, 1854. London: Bell 1854, No. 241. June 10. 1854, [S. 540]: "Derivatur a beniamin (sic pro βουλομαι) grece")
  • dz in geht ins Stro ] "in" fehlt in C - "et ponendo", 'es wird abgelegt, verzichtet auf, weggeworfen'; beim Dreschen wird das Korn vom Spreu oder Stroh (dem Wertlosen) getrennt; weder im DWB noch bei Wander; vgl. Schank 1974, S. 456: "d.h. wohl: 'gehe verloren'".
  • Kehr vmb sum, muß ] Es tu scholaris (Nürnberg 1495/1500), A ij v: "Verte sum. mus. quid dicitur mauß."
  • Magnus in sensu, parvus in scientia ] "Groß im Gedanken, klein im Wissen". Es tu scholaris (Nürnberg 1495/1500), A ij v: "Quomodo es tu scolaris. Magnus in sensu et paruus in scientia."
  • heut ist viel scientiae, wenig conscientiae ] "heute gibt es viel Wissen, wenig Gewissen" (partitiv. Genitiv?)
  • Es Scutellaris ... stratilata, follis ein Narr ] "Bist du ein Schüsselwäscher? Nein. Weil ich keine Schüsseln in der Küche wasche. Bist du ein Verleumder, Bankert, Straßenräuber, Narr?" Im Es tu scholaris (1495), A ij v: "Scutelaris / schysselwescher", "Scamnifex / banckhart", A iij r "Scandalaris / schender". Gemma gemmarum 1520, AA 4 v: "Stratilates. ein straßrauber".

273

  • Wie viele Vögel sindt im Donat? ] zum Donat s. oben Gkl:komm:kap17#269 und Gkl:text:vorr#16. Vgl. Donat (1574), A 5 v: (Genus) "Est & Epicoenum, id est , promiscuum genus, ut hic passer, haec aquila, mustella, miluus."; "Und es gibt das Epikoinon oder ungesonderte Geschlecht, wie 'dieser' Spatz, 'diese' Adler, Wiesel, 'dieser' Weihe".
  • Aquila, mustela, milvus ] "Adler, Wiesel (sic!), Weihe (Greifvogel)". Vgl. Gemma gemmarum 1520, P 8 v: "Muscula. ein klein flieg."
  • Was essen sie? ... Fructus und Species ] "Früchte und Spezereien (?)" - Im Donat ist "fructus" das Paradigma der 4. Deklination, "species" das der 5. Deklination; Donat (1574), Bl. B r/v.
  • Wa fliegen sie hin? Ad antiquam sylvam ] "in den alten Wald". Donat (1574), E 2 v: "In accusatiui casus, ut: Itur in antiquam syluam." (Vergil-Zitat! Aeneis 6, 179)
  • zu den alten gebärteten beginen ] Die Beginen (Angehörige einer christlichen Gemeinschaft, die ohne Ordensgelübde zusammenleben) werden als alte, im im Gesicht behaarte Frauen dargestellt. - gebärtet, adj. part. 'barbatus'.[59]
  • Corallen Paternoster ] Vgl. Korallenschnur, f. 'Schnur mit angereihten Korallen', 'Paternoster' (DWB 11, 1797, ohne Nachweis); Betkoralle, f. "am rosenkranz" (DWB 1, 1704) und "Paternosterkoralle" (DWB 11, 1795: Koralle 2 d).
  • quantam Abaguc die erst silb hab ] Eov II, 35 (Hinw. Nyssen): "Tunc ille Curtisanus multum risit et subsannavit me. Et postea dixit, quod debeo ei dicere quomodo Abacuck habet prima syllabam" (E. Böcking 244,3; Ed. Bömer 152,1); "Da lachte jener Mann der Curie laut auf und spottete mich aus; und hierauf sagte er, ich solle ihm sagen, wie Abacuk die erst Silbe habe [lang oder kurz]?" (Übers. Wilhelm Binder). - Abaguc, Habakuk, Prophet des AT.

Absatz 9

  • Compost vnnd das Postkomm ] Garg. "Puis luy leut le compost"; frz. compost, 'Praktik' - Anianus Magister: Compotus cum commento. Zur Berechnung des Sonnen- und Mondzyklus, der Tierkreiszeichen, der Jahreszeiten, der beweglichen Feste; mit Merkversen ("metrice compilatus ad ignorantiam temporis expellandam"; hsl. Erg. auf dem Titelblatt der Ausg. Lyon 1504). Regis II,1, S. 71: "astronomisches Handbüchlein". Ausgaben: Compotus manualis cum commento. [Basel: L. Ysenhut, ca. 1490/95]; dass. Rom: Andreas Fritag de Argentina 1493; Lyon: [Matth. Huss für Gaspard Ortuin, 1494]; Lyon: Pierre Mareschal 1500; Lyon: Claudeius Nourri 1504; Straßburg: Joh. Prüss 1488.
    • David Eugène Smith: Le Comput manuel de Magister Anianus. Paris: Droz 1928 (Librairie Droz).
  • Brodium Lovaniense per Petrum de Broda ] Petrus de Broda: aus dem Biencorf von Marnix, Schluß von I, Kap. 10 (1574, Bl. 51v), wo von Peter von Broda und von Legendensammlungen, wie "Dormi secure" die Rede ist: "oft een Petrum de Broda ... ende maken v daervan eene Compost/ oft somen het te Louen noemt een Brodium" für die Ketzer (Hauffen 1908, S. 4, Anm. 1); vgl. Fischart: Bienenkorb 1590, Bl. 60 r: "geben jhm einen Bricot ... oder ein Petrum de Broda zur Gesellschaft zu"; 61r: "Darauß machen sie auch ein Compost/ oder wie mans zu Löven nent ein Brodium/ das wirdt so starck/ daß es den Ketzern das Hertz abstossen möchte".
  • Die Formalitates Scoti mit Supplementis Bruliferi und Magistri Langschneiderii Ortwiniste ] Aus den EOV I,24 übernommen: "formalitates et distinctiones Scoti quas composuit Brulifer" (Hinw. Goetze 1904, 365; Nyssen). Ps.-Johannes Duns Scotus: Quaestiones Miscellaneae de Formalitatibus. In: Opera omnia. Bd. 5. Ed. Lucas Wadding. Paris: Vivès 1891. - Stephanus Brulefer OFM, scotistischer Theologe. Ausgabe: Venerabilis magistri fratris Stephani brulefer ... Formaliltatum textus unacum ipsius commento perlucido. [Basel: Jacob Wolff 1501] [Digitalisat] - EOV I,1 (Böcking 277,31) "Thomas Langschneyderius, baccalaureus theologiae" eröffnet mit seinem Brief an Magister Ortwinus die Epistolae obscurorum virorum (Hinw. Goetze 1904, 364) - Magister Ortwinus Gratius ist das Hauptangriffsziel der EOV. Ortwinista bildet Fischart nach ähnlichen in den EOV häufigen Formen wie Scotista, Reuchlinista etc. (Hauffen 1908, S. 4). Stephanus Brulefer OFM, scotistischer Theologe.
  • Die Casus longos vber Institutis, durch den H. Conrad Unckebunck Fumistam ] Franciscus Accursius: Casus longi super instituta. [Straßburg: Johann Prüss, ca. 1488-93] [New Haven, Yale Univ.]; Paris: [Jena Petit] 1502. Nicht zu verwechseln mit den Casus longi super codice, die von Vivianus Tuscus verfaßt wurden (in einigen Ausgaben, die beide Texte enthalten, ist F. Accursius als Gesamtverf. genannt). Der Titel wird erwähnt EOV II,15 (Böcking 214,21) "et inveni hic unum librum multum practicum, et est excellens, et ex eo disco multa: ego credo quod in Almania non habetis eum: ipse est mirabilis et est valde declarativus, et intitulatur Casi longi super Institutis" / "Auch habe ich hier ein gar praktisches Buch aufgefunden, das vortrefflich ist, und aus welchem ich viel lerne. Ich glaube nicht, daß Ihr es in Deutschland habt; es ist wirklich bewunderswert und erklärt Alles deutlich. Es hat den Titel: 'Casus longi super Institutis' ..."(Übers. W. Binder; Hinw. Goetze 1904, 365) Fischart setzt als Verfasser einen Vir obscurus hinzu: "Cunradus Unckebunck" (Schreiber der Briefe EOV II,19 u. 46). - fumista, hier wohl eine küchenlat. Entsprechung zu "Rauchverkäuffer" (Parat, S. 23); Rauch verkaufen: 'Wind machen, leere Redensarten führen' (DWB 14, 238).
  • Das Hackstro des Hugitionis noui Greciste ] Hackstroh, n. 'gehacktes Stroh' (DWB 10, 109), hier im übertragenen Sinn. Da Hugutio Pisanus noch einmal im nächsten Absatz erwähnt (s. dort) wird, dürfte es sich hier um einen 'Hugutio novus' handeln. Vielleicht ist der Verfasser der Glossen (Additionen) gemeint, der sich im Straßburger Druck des Graecismus des Eberhardus Bethuniensis (der "Graecista") nennt: Johannes Vincencius Metulinus. - Druck: Libri Ebrardi Greciste. [Straßburg: Johann Prüss, um 1489]. Metulinus ist auch Herausgeber der Auctores octo morales (Lyon: ca. 1491/93). - Der Graecismus des Eberhard ist eine Versgrammatik, die zu Beginn die griechischen Begriffe der rhetorischen Figuren behandelt. Zum Laborintus Eberhards s. weiter unten S. 274.
  • pro practicatoribus in partibus Alexandristis de quantificabilibus et accentualibus, mit der gloß M. Vvarmsemmelii cursoris artistae ] "für die Praktikatoren in den Alexandristen-Teilen der zu quantifizierenden und zu akzentuierenden (Gegenstände)" - Magister Warmsemmel wird in EOV I,1 erwähnt: "magister Warmsemmel, lansmannus meus, qui est Scotista subtilissimus" (Hinw. Goetze 1904, S. 364). Die Partes sind die vier Teile des `Doctrinale' Alexanders de Villa Dei, hier der dritte und vierte Teil (i.e. das Opus maius): "De quantitate syllabarum" und "De accentuatione". Die "Alexandristae" dürften hier die Schüler selbst sein (vgl. oben "Tabulisten vnd Catonisten" und Baebler 1885, S. 193: "Pro tabulistis", "Pro cathonistis", "Pro Alexandristis. Die Schüler dieser Stufe geben Auskunft über den Inhalt der vier Teile des Doctrinale."). Warmsemmel ersetzt die bekannteren Glossatoren der Versgrammatik, wie Johann Synthen (Dicta Sinthis super secunda parte Alexandri. Straßburg: Schott 1487), Hermannus Torrentinus, Kempo Thessalienis (aus Texel).
    • Johan Jakob Baebler: Beiträge zu einer Geschichte der lateinischen Grammatik im Mittelalter. Halle: Buchhdlg. d. Waisenhauses 1885.
  • Petrum Hispanum mit den copulatis elucidatorijs Magistrorum in bursa montis Coloniae regentium ] "Petrus Hispanus mit den angehängten erklärenden Aussprüchen der in der Bursa Montis zu Köln residierenden Magister" - Die Glossen der Kölner zu den Summulae logicales des Petrus Hispanus (Papst Johannes XXI., gest. 1277) wurden (mehrfach) gedruckt: Textus et copulata omnium tractatuum Petri Hyspani etiam Parvorum logicalium ... exercitium magistrorum Colonie ... in bursa Montis regentium. [Nürnberg: Koberger] 1494. Vgl. Gessner: Bibliotheca instituta (1574), S. 559: "Petrus Hispanus ... Tractatus sex logici, cum copulatis elucidatoriis magistrorum in Bursa montis Coloniae regentium: impressi Coloniae apud Hen. Quentel. 1503" (falsch zit. bei Jöcher: Allg. Gelehrten-Lexikcon 2, 1904). - Vgl. zu den "copulata" EOV I, 11: "similiter processus, copulata, reparationes omnium bursarum dixerunt quod essent vanitates" / "gleicherweise nannten sie die 'Processus', 'Copulata','Reparationes' aller Bursen nichtsnutziges Zeug" (Übers. W. Binder). - Die Bursa Montis ist eine der drei Bursen, deren Angehörige in den EOV immer wieder erwähnt werden. - Vgl. EOV I, 31: Bartholomaeus Colpius hat gehört, dass sich im Convent in Köln eine große Bibliothek befinde, "in qua sunt multi libri ... etiam Petro Hispano. Necnon quidam processus magistralis de Colonia de bursa Laurentii" / "worin sich viele Werke ... auch über Petrus Hispanus befinden; deßgleichen der Lehrgang der Magister zu Cöln von der Laurentius-Burs" (Übers. W. Binder).
  • Parva logicalia, mit dem Vademecum unnd opere minore außgelegt durch den Cursor inn Grammatica D. Daubengigelium. Augustanum ] Die Parva logicalia, ebenfalls von Petrus Hispanus, sind ein Auszug aus dem Organon des Aristoteles und Gegenstand des Dialektik-Unterrichts der Lateinschulen. Drucke: Summulae logicales. Paruorum item Logicalium ... opus. Venetiis 1572. 1583. - Parvorum logicalium opusculum. Leipzig: Thanner 1507 [VD16 J 658]. dass. 1510. 1514. - Johannes aus Glogau: Exercitium Super omnes tractatus paruorum logicalium Petri hispani. Straßburg: J. Knobloch 1517 (Schultext; Chrisman T1.6.4); auch in EOV II,46 "et fuit magnum scandalum, quod aliquis studens iret in platea et non haberet Petrum Hispanum aut Parva logicalia sub brachio. Et si fuerunt grammatici, tunc portabant partes Alexandri vel Vade mecum vel Exercitium puerorum aut Opus minus ..." / "es wäre eine große Schande gewesen, wenn ein Student über die Straße gegangen wäre und nicht den Petrus Hispanus oder die 'Parva logicalia' unter dem Arm gehabt hätte.Und wenn es Schüler aus der Grammatik waren, so trugen die die 'Partes' von Alexander, oder das 'Vade mecum', oder das 'Exercitium puerorum', oder das 'Opus minus' ... mit sich." (Übers. W. Binder) - Paulus Daubengigelius, vir obscurus, ist Schreiber des Briefes EOV I, 24, "Ex Augusta" (Nyssen); zur Namensgebung s. die Einleitung von Bömer 1924, S. 21: "Taubstummer Simpel"; bei Binder 1898, S. 50: "Paulus Taubenstößer". - Vademecum Im Brief EOV II,46 wird das 'Vademecum' unter die Grammatik-Bücher gerechnet. Dabei dürfte es sich um die folgende Zusammestellung handeln: Tres partes Alexandri [= Doctrinale]. Tractatus de compositione versuum. Donatus minor. Regula Remigii. Regule grammaticales. Constructiones cum regiminibus. Et paruulus logice. Alias vade mecu(m). [Metz: Kaspar Hochfeder, um 1500] [GW 966] - Der vermehrte Nürnberger Druck mit einem Holzschnitt von Albrecht Dürer: Vademecum. Diversi libelli in unum collecti, sc. Donatus minor, Remigius. Dicta puerorum super Donato. Donati minoris editio. Regule grammaticales. Regimina & constructiones. Textus prime, secunde et tercie partium Alexandri. Regule de nominum generibus. Libellus de compositione metrorum. Epistole breves mediocres & longiores pro baccalariandis & aliis. Textus parvuli modernorum. Tractatulus Maulfelts [Thomas Manlevelt] de suppositione. Nürnberg: Hieronymus Höltzel 1504 [VD16 V 2; NUC 627, S. 256]. Vgl. Dietrich Reichling: Appendices ad Hainii-Copingeri Repertorium bibliographicum. 1905, S. 106 (nach Nr. 771) Vademecum: Uade mecum. Diuersi libelli in vnum collecti sc. Donatus minor. Remigius Dicta puerorum sup donato. Donati mi-noris editio Kegulae gràmaticales. Regimina e còstructòes. Textus prime sede et tercie partium Alexandri. - Das Opus minus von Alexander de Villa Dei umfasst die Teile 1 und 2 seines Doctrinale. Vgl. Charles Stallaert, Philippe van der Haeghen: De l'instruction publique au moyen âge. 2ième éd. Bruxelles 1853, S. 116. Drucke: Opus minus primae partis Alexandri: ex potissimis grammaticorum flosculis decerptum. Köln 1506. Opus minus secunde partis Alexandri introductorium ad opus maius eiudsem perutile. [Köln: Heinrich Quentel 1500 [GW 1176] - Das Opus minus wird in den EOV I,20 (und II,46, s. das Zitat oben) als Lehrbuch erwähnt.

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  • staubmäl ] Staubmehl, n. 'ganz feines Mehl' (DWB 17, 1121), eher: der Mehlstaub, der sich in der Mühle auf dem Boden sammelt und zusammengekehrt als Tierfutter dient (Südhess. WB 5, Sp. 1321)

Absatz 10

  • inn dem 63. Jahr/ welchs im sibenden vnnd neunten grad den Gelehrten Climasterisch auffsetzig ] DF (lies: Climacterisch) - lat. climacterius, adj. zu climacter, m. 'Stufenjahr', 'Wechseljahr', gefahrvoller Lebensabschnitt, das jeweils 7., besonders das 63. (7 x 9te) Jahr. Censor. 14,9 f. (nennt das 21., 42., 63. und 84. Jahr als besonders kritisch); Plin. nat. 7, 161; Plin. epist. 2,20,4; Gell. 3,10,9.
  • Frantzosen ] Garg.: "de la verolle", 'an der Syphilis' - Franzosen, pl. 'morbus gallicus' (DWB 4, 62 f.); Syphilis.
  • von eim Frantzösischen Fieber erstickt ] Unter den im Zedler 9, 363-392 aufgezählten speziellen Febris-Arten, ist kein französisches (gallica) aufgeführt. Daher wird hier das syphilitische Fieber gemeint sein, dass im Verlauf der Krankheit über mehrere Wochen hinweg auftreten kann. Neben Anstieg der Temperatur und hohem Puls ist es verbunden mit Heißhungerattacken.
  • Meyster Gobelin vom Henckzigel ] - Garg.: "maistre Jobelin Bridé" - Jobelin, Dim. von Job/Hiob; "bezeichnet einen Menschen, dem man jeden Funken Verstandes abspricht" (Niederehe 1973, S. 52); frz. bride, f. 'Zügel, Zaum'; 'laisser à quelqu'un la bride sur le cou'; 'den Zügel verhängen', dem Eigenwillen oder den Lastern freien Lauf lassen (Röhrich 5, 1778).
  • Hugotion ] Hugutio Pisanus (13. Jh.): Verfasser eines lat. etymologischen Wörterbuchs: Liber derivationum oder Magnae derivationes. Gessner 1583, 363: "Hugo Pisanus episcopus, Italicus natione, scripsit Deriuationes magnas lib. I." - es ist im 15./16. nicht gedruckt worden (so Lefranc I,14,34; Schrader, S. 464; Steinsieck zu 56,5; Niederehe 1973, S. 55: ein von Dante und Boccaccio sehr geschätzes Lexikon, überliefert in rund 200 Hss.; Nyssen) - In Nicodemus Frischlins Priscianus vapulans V,4 (V. 1863-1865) zählt Philippus (Melanchthon) den "Huguiton" neben anderen Büchern wie Gemma gemmarum zu den sprachverderbenden Büchern.
    • Claus Riessner: Die 'Magnae derivationes' des Uguccione da Pisa und ihre Bedeutung für die romanische Philologie. Rom 1965 [Vorschau].
    • Uguccione da Pisa: Derivationes. A cura die Enzo Cecchini. 2 Bde. Firenze 2004. XLV, 264 u. 1311 S.
  • Flebard, Grecismum ] Garg. 1559, S. 58; 1573, S. 44: "Flebard, Grecisme" - Flebard steht in Fischarts Vorlage fälschlich für "Hebrard" (so die anderen Ausgaben des Gargantua), i.e. Eberhardus Bethuniensis (E. von Bethune, Everard de B.; 13. Jh.), das Komma steht allerdings schon in der Ausgabe von 1535 und trennt somit den Autor von seinem Werk (Graecismus), der lat. Vers-Grammatik (Incipit: Est proprie meta trans Graece, formatio plasma), die gleich zu Beginn poetologisch-rhetorische Begriffe aus dem Griechischem erklärt (Lefranc I,14,35; Steinsieck zu 56,5-9); Kap. 8 handelt dann speziell "De nominibus exortis a Graeco" (Niederehe 1973, S. 58); keine "Versifizierung griech. Redensarten" (Nyssen). Krit. Ausgabe: Eberhardus Bethuniensis: Graecismus. Hrsg. von Johannes Wrobel. Breslau 1887.

274

  • Doctrinalem ] Garg.: "le Doctrinale" - s. oben (Alexander de Villa Dei: Doctrinale). Erasmus fand das Werk erträglich: "Nam Alexandrum inter tolerabiles numerandum arbitror." / "Alexander Gallus I would at least rank among the more tolerable authors." (Übers. J.K. Sowards). Vgl. Erasmus: De pueris statim ac liberaliter instituendis (Hinw. Lefranc I, 144); Ed. Jean-Claude Margolin. In: Opera omnia I-2. Amsterdam 1971, S. 1-78, hier S. 77; Collected Works of Erasmus 26: Literary and educational writings 4: De pueris instituendis, De recta pronuntiatione. Ed. by J. K. Sowards. Toronto 1985, S. 345. Vgl. Es tu scholaris (1495), A iij v: "Quid est doctrinale Alexandri ... Est liber metricus a magistro Alexandro editus docens declinare coniugare regere construere quantificare accentuare et orationes viciosas per figuras grammaticales excusare."
    • Erasme: Declamatio de Pueris Statim Ac Liberaliter Instituendis. Étude critique, traduction et commentaire par Par Jean-Claude Margolin. Genève: Droz 1966, S. 460/461, Kommentar S. 596.
  • die grössere Partes ] Garg. 1559, S. 58: "les Pars" - Die Rabelais-Kommentare (Plattard; Lefranc I,14,37; Defaux 186,15) verweisen auf De octo partibus orationis. Unter diesem Titel wurde die Grammatik (Institutiones grammaticae) Priscians gedruckt. Die Ars maior des Aelius Donatus erschien ebenfalls unter dem Titel De octo partibus orationis (Incipit: Partes orationis sunt octo). Nach dem Kapitel "De interiectione" folgen noch "De Barbarismo" und "De decem viciis". Diese Partes für fortgeschrittene Anfänger passt besser zu Rabelais' Liste als die Grammatik Priscians, der ein überaus vorbildliches Latein lehrte, so dass sie in einer scholastisch geprägten Schulausbildung eigentlich aus dem Rahmen fällt. Ausgaben: Donatus: De octo partibus orationis. Leipzig 1508 [VD16 D 2221]; Diomedis Grammatici Opus ... item Donati de octo orationis partibus, et Barbarismo libellus. Hagenau: Johann Setzer 1526. [VD16 D 1844] - Fischart, der an dieser Stelle wohl die Ausgaben von Priscians Grammatik im Auge hatte, verdeutlicht, indem er die 'Partes maiores' (Priscianus maior in 16 Büchern, Incipit: Cum omnis eloquentiae doctrinam bzw. Philosophi difiniunt vocem esse) von Priscians Büchern zur Syntax (Partes minores)unterscheidet. Ausgaben: Priscianus: De octo partibus orationis libri sedecim. Florenz 1525; Libri omnes. De octo partibus orationis XVI. (u.a.) Köln: Eucharius Cervicornus 1528.
  • dz quid est ] Garg.: "le quid est" - nicht erhaltenes Schulbuch (Lefranc 1,14,38; Schrader, S. 464) als Gesprächbüchlein wie die Ars minor des Donat gestaltet. - Die Fragen im Donat wiederholen stets das "quid est": "Nomen quid est? Pars orationis ..."; "Pronomen quid est?"; "Verbum quid est?"; "Adverbium quid est?" etc. Vgl. noch Baldus (-Writer on grammaer): Quid est ars? est collectio multorum preceptorum ad vnum finem. 1517 (google books, keine Vorschau). Vgl. Rodney M. Thomson: Catalogue of the Manuscripts of Lincoln Cathedral Chapter Library. Cambridge 1989, Register S. 265 (incipits): "Quid est ars quare fuit ars inuenta. On grammar. 88 art.5; Quid est pars orationis uox indicans. Thomas de Monte Pesulatis: 'Tractatus Donatus in magno'. 88 art.4 (fol. 130-151v) (S. 63 Beschreibung): Incipit: Quid est pars orationis uox indicants ... Explicit: ... uerbi gratia unde gracia sic quia locant. Explicit tractatus donatus in magno nominatus a Thoma de Monte Pesulatis compositus".
  • dz supplementum ] Garg.: "le supplementum" - Vgl. die Ausgaben des Facetus (der allerdings schon oben, S. 269 begegnet): Liber faceti docens mores hominum precipue iuuenum in supplementum illorum qui a Cathone erant omissi. [Köln: Quentel, ca. 1490]. [GW 9674] Liber Moreti docens mores Iuuenum in supplementum illorum, qui a Cathone erant omissi: per Sebastianum Brant: in vulgare nouiter translatus. Argentin.: J. Knoblouch 1508. [VD16 M 6329] - Oder Nicolaus de Auximo (Nicholas von Osimo): Incipit liber qui dicitur Supplementum, eine alphabetisch geordnete Erweiterung der Summa de casibus conscientiae des Bartholomaeus de San Concordio. Drucke: Mailand 1479. Venedig 1474. u.ö. Es handelt sich um ein Handbuch des Glaubens, kein Schulbuch.
  • den Mammotrectum ] Garg.: "Marmotret" - Giovanni Marchesino (von Reggio; um 1300): Mammotrectus Super Bibliam.[60] Ein Wörterbuch und Kommentar zur Vulgata und zu den Heiligenviten. Für fortgeschittene Schüler sicher nützlich beim Auffinden von passenden Bibelstellen oder für die Interpretation schwieriger Bibelstellen selbst (Worterklärungen). Bei Nicodemus Frischlin: Priscianus vapulans, V,4 (V. 1863)zählt Philippus (Melanchthon) den "Mamotrectum" zu den sprachverderbenden Büchern. Vgl. auch EOV I, 33 u. I, 34 (Böcking 49,16) "Mammotrectus Buntemantellus" (Hinw. Goetze 1904, S. 364). - Ausgaben: Mainz 1470. Straßburg 1483. 1487. 1489. Venedig 1476. Metz 1509 [Digitalisat]
  • de moribus in mensa servandis ] Garg. "de moribus in mensa servandis" - Johannes Sulpicius (von Veroli; S. Verulanus, Ende 15. Jh.): Carmen iuvenile de moribus in mensa servandis (Hinw. Lefranc I,14,41; Schrader, S. 464; Nyssen). Die Tischregeln für Knaben wurden mitunter den Ausgaben der Auctores octo morales beigegeben (Plattard, S. 80). Drucke: Auctores octo opusculorum cum commentariis et annotationibus ... cum tractatulo Sulpitii Verulani de moribus in mensa servandos. Lyon 1511. 1514.
  • Seneca von den Vierfüsigen virtutibus cardinalibus ] Garg. "Seneca, de quatuor virtutibus cardinalibus" - Pseudo-Seneca: De quatuor virtutibus cardinalibus;[61] Traktat des Bischofs Martin v. Braga und Mondonedo, gest. 583;[62] Die dort verhandelten vier Kardinaltugenden sind Klugheit (Prudentia), Großmut (Magnanimitas), Gerechtigkeit (Iusticia) und Maß/Mäßigung (Continentia/Moderatio) - Ausgaben: Seneca de quatuor virtutibus cardinalibus. [Augsburg: Johann Froschauer, ca. 1503] [VD16 S 5836]; De quatuor virtutibus cardinalibus libellus. Lipsiae 1514; dt. von Michael Herr: Sittliche Zuchtbücher des ... Luccij Annei Senece. Straßburg 1536 - Zuchtbücher vast dienlich vnd nutzlich zu lesen. Straßburg 1540. 1545.
  • Vnnd sonst diß folgend gantz Register ] Dieser kleine Katalog fingierter und realer Büchertitel (Liste der Schulbücher; Wacker: Liste 36) ist ein Vorläufer des Catalogus catalogorum Fischarts, der wiederum auf das Verzeichnis der Bibliothèque de Saint-Victor aus dem Pantagruel (Kap. 7) zurückgeht.
    • Lit. [Paul Lacroix], Gustave Brunet: Catalogue de la bibliothèque de l'abbaye de Saint-Vitor au seizième siècle, rédigé par François Rabelais. Commenté par le bibliophile Jacob [i.e. Paul Lacroix] et suivi d'un essai sur les bibliothèques imaginaires par Gustave Brunet. Paris 1862, hier S. [395 f.]

Absatz 11

  • Parvulus Philosophiae moralis, mit erklerung deß M. Schindengulii de Erfurdia ] Eine Einführung in die Ethiklehre, hier mit einem Kommentar des fiktiven Autors[63] (Magister) 'Schinde den Gaul'. Vgl. die realen Drucke: Breuiuscula facilimaque commentatio in Paruulum Philosophie moralis ... per Magistrum Gregorium Bredekoph de konitz congesta. Leipzig 1502 [VD16 P 807]; Kommentierte Ausgabe: Paruulus Philosophiae moralis, ad Philosophi aemulationem exaratus arguto nuper Magistri Ioannis/ Rommingii Paratini commentariolo ennaratus. Nürnberg: Fridericus Peypus 1516. [Digitalisat] (VD16 P 909). Johannes Romming war Rektor der Schule zu St. Sebald in Nürnberg. - Vgl. EOV I,20 (Böcking 31,20) "Parvulum philosophiae naturalis" (Hinw. Goetze 1904, S. 365); EOV I,22 "Gerhardus Schirruglius" (ex Moguntia); Hauffen 1908, S. 6 hält Schindengulius für einen erfundenen Autor. Vgl. Besson 1889, S. 81: "il nous les [titres] donne tout entiers dans leur prétentieuse nullité" (als Beispiel wird auch diese Stelle zitiert).
  • Grammatica Graeca absque titellis per Petrum Charitatis, Baccalaureum si vellet ] Goetze 1904, S. 367 verweist auf den Kampf "der dunkelmänner gegen die griechischen accente" (ohne Angabe einer Stelle der EOV). - EOV I,6: "Est hic unus Graecus, qui resumit grammaticam Urbani, et quando scribit Graecum, tunc semper ponit titellos superius ... Tamen magister Ortvinus Daventriae etiam practicavit grammaticam Graecam, ... et nunquam scripsit ita titellos" / "Es befindet sich hier ein Grieche, der die Urban'sche Grammatik durchnimmt und, wenn er griechisch schreibt, dann immer Accente oben hinsetzt ... Hat doch auch Magister Ortuin aus Deventer die griechische Grammatik behandelt ... und hat nie so Accente geschrieben." (Übers. W. Binder). Es geht also um eine griechische Grammatik, die ohne die lästigen und überflüssigen Akzente auskommt. Nicht ganz korrekt von Weinrich 206,18 übersetzt: "Griechische Grammatik ohne Titelchen durch Peter der Liebe, Baccalaureus wenn er wollte." - EOV II,61 (Böcking 280,17) "Petrus Charitatis" (Hinw. Goetze 1904, S. 364)
  • Die Epistelen Caroli, quae practicantur in aula Grammaticorum contra Haereticos in Grammatica, per M. Pannirasoris ] Der Briefsteller Formulae Epistolarum des Carolus Virulus (Maneken, Mennicken, ca. 1419-1493) enthält Musterbriefe für alle Gelegenheiten und orientiert sich an Ciceros Epistolae familiares. - EOV I,7 (Böcking 12,6) "Tunc ipse dixit: est fantasia, sed tu debes bene advertere in partibus Alexandri, et epistolis Caroli, quae practicantur in aula grammaticorum"; "Auf dies versetzte er: 'Das ist überhirnisches Zeug, du aber mußt dein Augenmerk auf die Bücher von Alexander und auf die Briefe von Karl [Manneken] richten, welche in den Lehrsälen der Grammatiker tractirt werden" (Übers. W. Binder); Carolus Virulus: Epistolae Caroli. 1476 u.ö. (Hinw. Nyssen); u.a. Köln: Quentel 1502 [Digitalisat]; zuletzt 1520); übersetzt von Weinrich: "Die Briefe Karls, die verwendet werden in der Grammatikerschule gegen die Ketzer in der Grammatik, durch Magister Gewandschneider." - Pannirasor, mlat. 'Tuchscherer' (Gemma gemmarum 1520, Bl. S r); vgl. EOV I,47 (Böcking 72,32) "Wendelinus Pannitonsoris" (Hinw. Goetze 1904, S. 364); tonsor, mlat. "ein scherer" (Gemma gemmarum 1520, Bl. LL iiij r).
  • Epistolæ epistolisatæ per scientificum Gingolfum Scherschleiferium ] EOV I,15 (Böcking 23,10) "Guilhelmus Scherscleifferius"; vgl. "scientificus ... Paulus Langius" (EOV, Böcking 287,15; Hinw. Goetze 1904, S. 364); vgl. Rabelais, Katalog, Nr. 121 "per Guingolfum" (Hinw. Hauffen 1908, S. 6); Besson 1889, S. 81. - epistolisare ('Sendbrief schreiben') ist eine der EOV würdige Parallelbildung (Hinw. Goetze 1904, 366)
  • Bestiarium & Brutarium Aesopi mit der Apotheca carminum Bechtungi Lumpelini ] Das Bestiarium vel Brutarium ist eine Parabel- und Fabelsammlung des Odo de Ciringtonia (2. H. 12. Jh.), die in verschiedenen Fassungen in Handschriften des Mittelalters überliefert wurde (Oesterley 1868, S. 121 f.). - Nicht bei Gessner: Bibliotheca (1545) - Gessner, S. 304: "Guilhelmus Horman Sarisburiensis, scripsit ... Apothecam carminum iucundiorum lib. 1" (Sch).- EOV I,29 (Böcking 43,25) "Tilmannus Lumplin" (Hinw. Goetze 1904, S. 364); Bechtung: Name eines Helden aus dem Wolfdietrich (Heldenbuch ca. 1483, Bl. [64]r u.ö.).
    • Lit.: Hermann Oesterley: Die Narrationes des Odo de Ciringtonia. In: Jahrbuch für romanische und englische Literatur 9 (1868), S. 121-154 (mit Edition der 45 Fabeln) [Digitalisat]
  • Die Replicationes über Veterem artem M. Sotphi lectoris qualificati in Bursakneck ] Die 'Ars vetus' ist die antike Logik des Aristoteles. Hierzu verfassten mehrere Autoren eine Einführung bzw. Kommentare; u.a. Walter Burley, Albertus de Saxonia, Gerardus de Harderwijck u.a. - Replicatio, lat. hier 'Wiederholung'. - Vgl. EOV I,3 (Böcking 29,31) "magistri nostri Sotphi in bursa Kneck, qui olim composuit glosam notabilem" (von Goetze 1904, 365 fälschlich auf S. 273 "Magistrorum in bursa montis Coloniae" bezogen); vgl. I,5: "magister noster Sotphi, in bursa Kueck, qui composuit Glosam notabilem super quattuor partes Alexandri, est mortus" / "unser Magister on Zütphen in der Bursa Kneck [benannt nach ihrem Rektor Johannes Kuijk], der die bekannte Glosse über die vier Bücher des Alexander [de Villa Dei] verfasst hat, ist gestorben"; gemeint ist Gerhard von Zütphen (Gerardus de Zutphania).
  • Die Reparationes aller bursarum: M. Fenestrifici ] Magister Arnold von Tongern (vgl. EOV II, 4; Magister noster der Bursa Laurentii) verfasste die Epitomata sive Reparationes lectionum et exercitiorum Noue logice Aristotelis. Köln 1500 (auch 1507. 1508. 1511); vgl. EOV I,11 (Böcking 17,27) "et dixerunt quod ipsorum libri super sententias essent fantasiae, similiter processus, copulata, reparationes omnium bursarum dixerunt quod essent vanitates" / "Sie sagten, ihre Schriften über die 'Sententiae' seien Blödsinn; gleicherweise nannten sie die 'Processus', 'Copulata', 'Reparationes' aller Bursen nichtsnutziges Zeug" (Übers. Wilhelm Binder); Verfasser des Briefes ist "Cornelius Fenestrificis" (Fenstermacher) (Hinw. Goetze 1904, S. 365). - Reparatio, lat. 'Wiederherstellung, Erneuerung'.
  • Gemma Gemmarum, mit dem Tabulare studentium und Pagis de honestè comedere, in simul combibilata Per M. Langmulum ] Vgl. das lat./dt. Wörterbuch Gemma gemmarum Kap. 3, S. 72; EOV I,1 "Gemmagemmarum"; (Böcking 4,22 u. 298,12); "Combibilationes" EOV I,31; in Nicodemus Frischlins 'Priscianus vapulans' V,4 zählt Philippus (Melanchthon) "Gemmas ... Gemmarum" zu den sprachverderbenden Büchern. -ִ Tabulare studentium, 'Das Getäfel der Schüler' ִ - (mit den) "Phagis [AB] de honeste Comedere" / "Mit den Fressern über ehrenvolles Speisen" spielt an auf den Phagifacetus sive De moribus et facetiis mensae des Reinerus Alemannus, der von Sebastian Brant verdeutscht wurde (Thesmophagia. Basel: Michael Furter, 1490; in Zarncke, Ed.: Narrenschiff, Anhang, S. 147-153). - combibilare ist eine aus den EOV geläufige Bildung (Hinw. Goetze 1904, 366); vgl. EOV (Böcking 217,2) "Nos bibimus in simul" (Hinw. Goetze 1904, 366). - Magister 'Langmaul' ist ein erfundener Herausgeber/Bearbeiter. - In A, B folgte (nach "honeste comedere") der Titel Biga salutis (aus Rabelais, Kat. Nr. 1: Biga salutis; (Hinw. Hauffen 1908, S. 6) - Die Predigtsammlung ('Zweigespann des Heils') Osvald Laskos, eines Pester Minoriten, erschien in Hagenau 1498 und 1502 (Schrader, S. 536 nach Regis II,1,219): Sermones dominicales perutiles a quodam Fratre Hungaro ordinis Minorum de Observantia in Concentu Pesthiensi comportati Biga salutis intitulati. Hagenau 1502. Vgl. Schilling zum Catalogus catalogorum Nr. 1. Weitere Ausgabe: [Osvald Lasko:] Sermones Dominicales perutiles a quodam fratre Hungaro ordinis Minorum de obseruantia comportati: Biga salutis intitulati: feliciter incipiunt. Hagenaw: Henricus Gran für Johannes Rynman 1516 (mit Register der in den 124 Predigten behandelten Materien). [VD 16 O1428]
    • Lit. Silke Umbach: Sebastian Brants Tischzucht (Thesmophagia 1490). Wiesbaden: Harrassowitz 1995; M. Reineri Alemanici Phagifacetus et Godefridi omne punctum. Ed. Friedrich Jacob. Lübeck: Rohden 1838. [Digitalisat]; M. Reineri Alemanici Phagifacetus. Ed. Heinrich Carl Abraham Eichstaedt. Jena 1839 [Digitalisat]
  • Die Summa Mandrestons mit den Moralibus Angesti und Logic Entzinas sambt dem Breckental deponental Buntenmanteli & Mollenkopffii ] William Manderston (ca. 1485-1552) veröffentlichte seine Summe zur Moralphilosophie, das Bipartitum in Morali Philosophia Opusculum 1518, das sich als Plagiat der moralphilosophischen Schrift von Hieronymus Angestus herausstellte. William Manderston: Bipartitum in morali philosophia opusculum. O.O.o.J. [Paris BN: Rés. R. 1170]. dass. Paris 1523 [Paris BN: R 19880 u. Rés. R. 2583]; De virtutibus in generali et de quatuor virtutibus cardinalibus in specie. Paris 1517 (Zedler 19, 922; Hinw. Elke Bauer); vgl. Gessner 1583, S. 307. - Hieronymus Angeston (s. oben Kap. 8, S. 192): Introductorium morale. Paris: Nicolaus Crepin 1524 [Paris BN: Rés. D. 10952]; Moralia. Paris. Johannes Parvus 1521 [Paris, BN: D. 1748] Paris 1524. 1526. 1529. 1539. 1540 [alle in Paris, BN].
  • Das loquagium de Rhetorica, und Cantuagium de Musica Morlandi Philomuli ] Das Loquagium und Cantuagium sind beides Werke Heinrich Eghers von Kalkar (1328-1408). Ersteres ist eine Einführung in die Rhetorik in der Nachfolge der Rhetorica ad Herennium, letzteres eine Einführung in die Musiktheorie (Heinrich Rüthing. ²VL 2, 379-394, hier 382). Trithemius: De scriptoribus ecclesiasticis 1546, S. 268: "Henricus de Kalkar ... ordinis Carthusiensis, & Prior domus S. Barbarae in Colonia Agrippina, vir in diuinis scripturis illuminatum habens ingenium, secularium quoque literarum non ignarus ... Loquagium de rhetorica lib. 1. Cantuagium de musica lib 1 ....Et quaedam alia." Dass. bei Gessner: Bibliotheca universalis 1545, 311v; Josias Simmler: Epitome 1555, 73r. - In der Ausgabe A gab Fischart diese Titel als Werke "Gingolfi Dollenkopfij" aus, der an Magisger "Gingolfus Lignipercussoris" aus EOV I, 32 und "frater Conradus Dollenkopffius" aus EOV I,28 erinnert. - Morlandus Philomulus: der fingierte Verfassername erinnert an den Beinamen des Jakob Locher Philomusus ('Liebhaber der Musen'), nur wäre es hier ein 'Liebhaber der (unfruchtbaren) Mauleselinnen'), was zu Jakob Wimpfelings Spottnamen für Locher, "Mulopoeta" ('Mauleseldichter'), passt. (Jakob Wimpfeling: Contra turpem libellum Philomusi Defensio. Heidelberg 1510) Allerdings bemerkt Hauffen 1908, S. 5 zurecht: "Der Humanist käme dann hier unter die Scholastiker, wie Pilatus ins Credo." Zudem verfasste Locher zwar eine Rhetorik (Compendium rhetorices ex Tulliano. Straßburg 1514. 1518), jedoch keine musiktheoretische Schrift.
    • Das Cantuagium des H. Eger v. K. Eingel. u. hrsg. von Heinrich Hüschen. In: Beiträge zur rheinischen Musikgeschichte 2 (1952), 3-84
  • Die Jacobi von partibus sampt den Forliviensischen Commentatoren, Campanatoris und Lignipercussoris, Theologosissimorum] Hier tragen beide arzneikundlichen Verfasser den Vornamen "Jacob" (daher "die Jacobi"). Jacobus de Partibus schrieb auch eine Summula medicaminum compositorum (vgl. Lycosthenes/Simler: Epitome 1555, 84v), Jacobus Forliviensis die Commentarij super aphorismos Hippocratis (und Kommentare zu Galen und Avicenna; vgl. Lycosthenes/Simler: Epitome 1555, 83r). Die gelehrten Herausgeber dieser Schriften sind allerdings Theologen, wie der Vir obscurus "Gingolfus Lignipercussoris" (EOV I,32) oder der sonst unbekannte "Campanator" (Glöckner; vgl. Gemma gemmarum 1520, D iij r: "ein glockenleuter").
  • Die Combibilaciones Parisienses zum theyl von M. Mistladerio, sacræ paginæ professore geladen, zum theil vom D. Fornafice zusammen geschmeltzt ] Die "Combibilationes" (vgl. lat. compilatio, 'Plünderung', Zusammenstellung aus anderen Werken; combibo, m. 'Zechgenosse', 'Zutrinker'), ein fingiertes theologisches Werk, werden EOV I, 31 erwähnt: "unus liber valde notabilis, qui dicitur Combibilationes, qui etiam continet autoritates in theologia, et prima principia Sacrae scripturae" / "ein sehr merkwürdiges Buch, das sich 'Combibilationes' nennt, und auch die Autoritäten in der Theologie, und die Hauptgründe der heiligen Schrift enthält" (Übers. U.S.); "Nemo debet esse stultus Et in tanta praesumptuositate sepultus ... Qui non didicit mentetenus combibilationes, Quas magistri nostri resumunt per omnes regiones, Praesertim in Parrhisia quae est mater omnium universitatum" / "So dumm darf Keiner sein, so voll Anmaßlichkeit ... wenn er nicht auswendig erst | Die 'Combibilationes' weiß, von unseren | Magistern zum Leitfaden überall erwählt, | Jn erster Reih' jedoch von denen in Paris, | Das aller Universiäten Mutter ist" (Übers. W. Binder; Hinw. Goetze 1904, S. 366) - Zu den fingierten Verfassern: EOV I,40 (Böcking 60,24) "Herbordus Mistladerius" (Hinw. Nyssen); EOV I,38 (Böcking 57,22) "Padormannus Fornacificis" (licentiatus); (Hinw. Nyssen). Fornacificis, 'Ofenmacher', zu lat. fornax, 'Ofen'; "Fornaficis" gibt keinen Sinn.


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  • Der Laborantisch Laborint vber Cornutum deß M. Nostri Bundschuchmacherij de Lovanio ] Der Laborintus (auch De Miseriis Rectorum Scholarum benannt) Eberhards des Deutschen (Eberhardus Bremensis) ist eine Verspoetik. Eberhard "stellt die Lehre in eine Rahmenhandlung, welche Werdegang und Dasein eines Schulmeisters beschreibt, freilich als ein von Anbeginn unseliges Lebenslos." (F.J. Worstbrock. ²VL 2, 273-276, hier Sp. 274) Drucke: Incipit Laborintus poeta et horator mirificus. [Leipzig: Wolfgang Stöckel] 1499. [Digitalisat]; Leipzig: Stöckel 1497; Erfurt: Wolfang Schenck, 1501. 1504. Ausgabe: Edmond Faral: Les arts poétiques du XIIe et XIIIe siècles. Paris 1924, S. 336-377 (nach e. Pariser Hs.). Die Poetik übertrifft nach Angabe des Briefschreibers Padormannus Fornacificis (EOV I, 38) den Cornutus des Johannes de Garlandia (1195-1272): "quando unus puer posset intelligere, quod illum excellitis sicut Laborintus Cornutum excellit." (Böcking 58,22) /"da doch selbst ein Knabe einsehen könnte, daß Jhr [Ortuin Gratius] ihn so weit übertreffet, als Laborintus den Cornutus" (Übers. W. Binder). Der Cornutus "ist ein kleines, 21 strophische Hexameterpaare umfassendes Spruchbuch mit Volksweisheiten und populärer Moralistik." (F.J. Worstbrock. ²VL 4, 612-623, hier Sp. 618) Druck (mit ausführlichem Kommentar für fortgeschrittene Lateinschüler): Cornutus magistri Joannis de Garlandria [sic!]. Hagenau: Heinrich Gran, 1489. [GW M 13726] (Enthält auch den Novus Cornutus des Otto von Lüneburg, Bl. 36r-57r). - Fischart schreibt den Laborintus erneut einem Vir obscurus zu, Lyra Buntschumacherius (EOV I, 35), hier angeblich in Louvain (Leuwen) wirkend (im Brief werden Joannes Grocinus und [Thomas] Linacer als Herren des Briefschreibers genannt (vgl. Thomas Stapleton: Vita Thomae Mori. Königgrätz 1689, S. 69); das weist eher auf Oxford. Grocinus war Griechischlehrer in Oxford, Linacre ein Arzt und Mäzen in Oxford (dazu Übersetzer der Schriften Galens aus dem Lateinischen).
    • Edwin Habel: Der deutsche Cornutus. 2 Bde. Der Cornutus des Johannes de Garlandia, ein Schulbuch des 13. Jahrhunderts. Der Novus Cornutus des Otto von Lüneburg. Berlin: Mayer & Müller 1908-1909.

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  • Cursorium Theologicum Saurbonicum mit dem Processu Burse: per Fortunatum Baumwürdig ] Ein 'cursorium' enthält ausgewählte (Bibel)Texte mit kurzen Erläuterungen; vgl. die "cursores in theologia" / 'Theologiestudenten', EOV I, 31 (Bömer 55,1). Wortspiel mit Sorbonne/Saure Bohnen (Goetze 1904, 363); s. auch. das Titelblatt des Bienenkorbs B (1580): "der Saurbonischen Säubonen" u. 215r: "Bonsauristen" (für Sorbonisten). (Hinw. Hauffen 1908,, S. 5). - EOV I,39 (Böcking 60,20) "Hodie emi processum bursae" (Hinw. Goetze 1904, 365) / "Heute habe ich mir die Statuten der Burs gekauft" (Übers. W. Binder).
  • Der Dialecticorum Esels bruck: mit den Impedimentis Alexandri außgelegt magistralitiuè per Signoralum Kleinehr, de magnis Oribus ] Die Logica des Johannes Buridanus (vor 1300 - nach 1358), Schüler Wilhelms von Ockham, enthalten eine Darstellung der Dialektik aus nominalistisch-sophistischer Sicht, von den Zeitgenossen die `Eselsbrücke' genannt; s. DWB 3, 1151: "der ausdruck soll durch Johann Buridan im 14. jh. aufgekommen sein, der spöttisch asinus Buridanus und dessen schrift super summulas 'asini pons' genannt wurde." Brockhaus Bd. 3 (1882), 751: "In seiner Logik bemühte er sich, die Auffindung des Mittelbegriffs in den Schlüssen zu erleichtern durch Regeln, die man die Eselsbrücke nannte." Drucke: Perutile compendium totius logicae Ioannis Buridani cum praeclarissima sollertissimi viri Ioannes Dorp expositione [= Summula de dialectica] Paris 1488. Venedig 1499. Lyon 1510; Neudruck Frankfurt/M.: Minerva 1965. - Was unter den Impedimenta (wörtl. 'Gepäck eines Reisenden', 'Tross, der das Heer aufhält') Alexanders (welcher?) zu verstehen ist, ist mir unklar. Im übertr. Sinn Quintilian 1, 8, 19: "plenus sunt ejus modi impedimentis (solchen Wustes) grammaticorum commentarii" (Georges). Vielleicht die Aristoteles-Kommentare (auch zu dessen Topik) des Alexander von Aphrodisias? - 'der meisterlich auslegende kleine Herr Kleinehr von den Großmäulern'? Als makkaronisches Latein verstanden von Mäder 1893, S. 28 f.: "de magnis Oribus soll heißen 'mit den grossen Ohren'." - Vgl. den Juristen Signorolus de Homodeis Mediolanensis (erwähnt von Gessner: Bibliotheca 1545, 598 v) und Beiträger in Repetitionum seu commentariorum iuris civilis volumen primum[-octavum]. Lyon 1553. - Ders:. Consilia. Lyon 1549.
  • Lectionarius mensæ pronunciatus ad pennam per Iacobum Gutrut ] Jacobus van Gruitrode, O. Carth. (gest. 1472 oder 12. 1475 in der Kartause von Lüttich; oder 11. Febr. 1492? ADB 10, 1879, S. 71); vgl. Gessner 1583, 375a/b: "Iacobus de Gruytrode, Germanus, ordninis Cartusiensum, scripsit ... lectionarium mense libr. 1. ... Clar. anno Domini 1472 ..." - hsl. überliefert in Trier, St. Eucharius-St. Matthias, Hs. 148 (ca. 1478/79), Bl. 75r-172r: Lectionarius mensae (Inc. Comedite amici et bibite [Cant. 5,1]), eine Sammlung von Tischlesungen. Petrus Becker: Die Benediktinerabtei St. Eucharius-St. Matthias vor Trier. Berlin. de Gruyter 1996, S. 180 (Kurzbeschreibung der Hs.) [Digitalisat]
    • Lit.: M. Verjans: Jacobus van Gruitrode. In: Ons Geestelijk Erf 5 (Antwerpen 1931), 435-470.
  • Die Praxis numerandi zur Commoditet studiosorum: mit der arte punctandi: per Rogerium Computistam ] Eine Schrift 'De arte numerandi' verfaßte u.a. Alexander de Villa Dei, eine Ars punctandi u.a. Petrus Luder und Ps.-Petrarca; zur Interpunktionskunst vgl. auch Kap. 1, S. 55: "Alciatdispunctisch kunst" (Alciati: Dispunctio); Weinrich übersetzt 207,12: "mit der Kunst des Punktemachens" - Roger Computista: Gessner 1583, 735b: "Rogerus Computista monachus Anglus ... Claruit anno 1360. Baleus." Zu Rogerius Computista (Rogerius Calculator, Rogerius Suinsetus, R. Suiset, Schwinskopff, Richard Swineshead, Roger de Swinshed) vgl. Zedler, Jöcher 4, Sp. 933; Alfred Franklin: Dictionnaire des noms, surnoms 1966, Dictionary of National Biography Bd. 29, S. 231: Richard Swineshead (fl. 1350), Mathematiker. Erhaltene Werke: Quaestiones super Sententias, Descriptiones Mortuum, De Insolubilibus und Calculationes Astronomicae.
  • Das Quadrat Sapientie Fœnisicæ vnd Vulgaria puerorum ] (A, B: Foenisicae; C: Foenificae [Druckfehler]) (C: "vnd Vulgaria puerorum", vom Setzer fälschlich vor "Fœnisicæ" eingefügt - Johann Foeniseca: Opera Joannis Foenisecae haec in se habent. - Opera Joannis Foenisecae Quadratum sapientiae: continens in se septem artes liberales veterum. Augustae Vindelicorum: Miller 1515. [München BSB: Rar. 1518 u. 4 Var. 18] ; Gessner (1583), S. 436.[64] - William Hormann verfasste eine lateinische Grammatik mit volkssprachigen (englischen) Interpretamenten, genannt Vulgaria puerorum (gedruckt 1519).
  • Sophisticalia Parisiensia Maieri: mit dem Florario, Liliario, Viatorio, Introductorio und Roseto: und Summa Magistrucia ] Maier "ist der in den briefen viel verspottete Frankfurter pfarrer Petrus Meyer" (Goetze 1904, S. 365 f.; s. EOV I,22). - Dies scheint nicht zu stimmen, denn Lefranc nennt im Kommtar zu Rabelais 3,82, Anm. 71: Johann Major Scotus (John Major) vom College Montaigu als Verfasser der Sophisticalia Parisiensia ("commentaire sur le livre des Sentences"); vgl. die Anm. zu Lefranc Bd. I, ch. xxxvii, Nr. 13 u. 18. - Lycosthenes: Epitome 1555, 103v: "Ioannes Maior, Hadyngionensis ... scripsit ... sophisticalia Parisiensia". Die umfangreichen Kommentare zu den Sentenzen des Petrus Lombardus erschienen in vier Bänden unter dem Titel In primum [- quartum] sententiarum. Paris 1509/1510. Vgl. [Paul Lacroix:] Catalogue de la bibliothèque de l'abbaye de Saint-Victore. Paris 1862, S. 108 (die Fischartstelle wird S. 395 übersetzt); Besson 1889, S. 81.
  • Florario, Liliario ] Fingierte Titel? Margarita, Floretum, Rosetum, Summa: Über solche Titelgebungen spottet Erasmus in den Antibarbari 1521, Bl. E 6 v: "Alius quod somniauit Gemmulam, alius Margaritam appellat, hic Floretum, ille Rosetum inscripsit, at in medio, o bone deus! vt nihil nisi carduos et lolium inuenias. ... Ineptus etiam quidam Mammetrectum, uelut haustum lactis gallinacei pollicens, Sunt qui Summas & summarum summas appellent, quasi lectori non sit alius scriptor requirendus, ubi tales sit nactus lacunas." (In den Opera omnia I,1 [1969], S. 89,19-90,4) / "Der eine bildete sich eine 'Gemmula' ein, der andere nennt es 'Margarita'; dieses schrieb sich 'Floretum', jenes 'Rosetum': doch darunter, o guter Gott, findest du nichts als Disteln und leeres Stroh ... töricht auch ein gewisser 'Mammetrectus', gleich einen Schluck Milch von einem Hahn versprechend. Es gibt solche, die sie 'Summa' und 'Summa summarum' nennen, als ob dem Leser kein anderer Verfasser erforderlich sei, wo solch beschaffene Abgründe zu erlangen sind." (Übers. U.S. Eine freiere engl. Übers. in Collected Works of Erasmus 23 [1978]: The Antibarbarians/Antibarbarorum liber. Transl. and annotated by Margaret Mann Phillips, S. 1-122, hier S. 67, 1-8); vgl. Du Cange, s. v. floretus. Ungedruckt blieb das laientheologische Kompendium von John Mirfield (gest. 1407), Florarium Bartholomei, eine Sammlung von christlichen Verhaltensregeln, gezogen aus der heiligen Schrift und den Kirchenväter in 175 Kapiteln, in alphabetischer Reihung. Zur hsl. Überlieferung des Textes s. Percival Horton-Smith Hartley: Johannes de Mirfeld of St Bartholomew's, Smithfield, His Life and Works. Cambridge 1936, S. 97-165: "The Florarium Bartholomei" (Auszüge). - Bei den Viri obscuri sind ähnliche Titelgebungen beliebt, s. EOV II,68 (Böcking 269,29, Briefschreiber ist Johannes Textoris): "multa legi in literis humanis et ... Floretum ... tunc scripsi unum librum qui dicitur Florista"; "daß ich ... Vieles in der humanistischen Literatur gelesen habe, ... den Floretus ... und ... habe ich sodann ein Buch geschrieben, 'Florista' betitelt" (Übers. W. Binder). Der Floretus (Verf. Ps.-Bernhard von Clairvaux) ist ein relgiös-didaktisches Hexametergedicht und Teil der Auctores octo morales. Druck: Liber Floretus Sancti Bernardi. Köln 1499 (mit Kommentar von Johannes Gerson); Floretus sancti Bernardi in se continens sacre theologie et canonum flores. Köln 1501 [VD 16 B 1946]. Straßburg 1510 [VD 16 B 1947]. Moderne Ausgabe: Liber Floretus. Hrsg. Árpád Orbán. Kastellaun 1979. - Einen grammatischen Titel namens Florista verfasste Ludolf von Hildesheim: Flores grammatice siue Florista cum commento. [Reutlingen, um 1503] [VD 16 L 3129].
  • Liliario ] Liliarium begegnet gelegentlich als weiterer Titel des Lapidarium des Marbod von Rennes, eine kleine Edelstein-Enzyklopädie. Vgl. Gessner: Bibliotheca 1545, Bl. 510 v: "Merboldus siue Merbodaeus ... Citatur aliquando à Vincentio, & Alberto, alijsque huiusmodi authoribus Liliarij uel Lapidarij, interdum etiam Euacis nomine."
  • Viatorio ] Das Viatorium utriusque iuris von Jean Barbier (Johannes Berberius) ist eine Rechtssumme, die in vier Teilen die verschiedenen Verbrechen (de criminius), die Verträge (de contractibus), Testamente (de testamentis) und richterliche Urteile behandelt. Gedruckt [Straßburg: Johann Prüss 1493 [GW 3858]; Lyon 1526 [Digitalisat]; auch u.d.T. Aurea Practica Ioannis Berberii ... Viatorium iuris inscripta. Köln: Iohann Gymnich 1576. [VD16 B 1757]
  • Introductorium ] Ein Introductorium "Ad omnes scientias utilissimum" verfasste Raimundus Lullus mit seinem kombinatorischen Werk, der Ars magna (eine Kurzfassung, die Ars brevis, wurde unter demselben Titel gedruckt). Druck: [Ars magna] Introductorium magne artis generalis reuerendissimi doctoris illuminati magistri Raymundi Lullij ad omnes scientias vtilissimum. [s.l. 1515] [Digitalisat]. Ars brevis [...] Qvae est ad omnes scientias pauco & breui tempore assequendas introductorium. Paris: Aegidius Gorbinus 1578. Vgl. Vittorio Hösle: Einführung. In: Raimundus Lullus: Die neue Logik. Logica nova. Textkrit. hrsg. von Charles Lohr. Übers. von Vittorio Hösle und Walburga Büchel. Lat.-dt. Hamburg: Meiner 1985, S. IX-XCIV (S. XV und XLIV ff. zur Ars magna und der Kombinatorik).
  • Roseto ] Ein Rosetum exercitiorum spiritualium verfasste Johannes Mauburnus (ca. 1460-1503), Regularkanoniker des hl. Augustin, Abt von Livry; es enthält außer Exerzitien für Mönche - wie das Dormi secure (s.u.) - auch gut aufbereitete Predigtthemen (tabula de modo predicandi) für das ganze Kirchenjahr. Druck: Rosetum exercitiorum spiritualium et sacrarum meditationum. Basel: Jacobus de Pfortzen 1504. [VD16 ZV 10539].
    • Johannes Donndorf: Das Rosetum des Johannes Mauburnus. Ein Beitrag zur Geschichte der Frömmigkeit in den Windesheimer Klöstern. Phil. Diss. Halle. [Druck: Erfurt] 1929.
  • Summa Magistrucia ] Die Summa Magistrutia alias Pisanella (eigentlicher Titel: Summa de casibus conscientiae) ist eine kirchenrechtliche, alphabetisch geordnete Summe des Dominikaners Bartholomaeus de Sancto Concordio (Gessner Bibliotheca 1545, S. 105), gedruckt Köln 1479 (vgl. Johann Friedrich Eckard: Nachrichten von einigen seltenen Büchern der Bibliothek des Hochfürstlichen Gymnasii zu Eisenach aus dem funfzehnten Jahrhundert. Bd. 1. Eisenach 1775, S. 84-100: VI. Summa Magistrutia alias Pisanella dicta; O.O.: Summa Pisani cum Supplemento incipit feliciter, que al(ia)s Magistrutia seu Pisanelle appellatur. [Ulrich Zell, 1483]. "Magistrutia" ist von ital. Maestruzzo hergeleitet und bedeutet "Lehrerin von geringem Wissen und zweifelhafter Tüchtigkeit" (Rigutini/Bulle, 1897, S. 449).
  • Papiæ Sucui Vocabularius ex pœtria: & compendium pro Virsificatoribus ] Papia Succus [Papias Grammaticus]: Vocabularium. Mediolanum 1476 u. ö.;[65] Elementarium doctrinae rudimentum (Vocabulista). Venedig 1496. - Bei 'Virsificatoribus' denkt Schank (1974), S. 454 an "Wirsing" (Ich denke, das ist ‚Kohl‘, U.S.) - Das Compendium pro versificatoribus dürfte eine Kompilation aus den bekannten mittelalterlichen Verslehren enthalten: Matthias von Vendôme: Ars versificatoria und Gervais von Melkley: Ars versificaria u.a. (Gervais von Melkley: Ars poetica. Kritische Ausg. von Hans-Jürgen Gräbener. Münster 1965.)
  • Stephani Flisci Logici copiosi, & Rab: Ioannis, Vocabularius rerum etymologisatus ] Stephanus Fliscus (Stefano Fieschi), in den EOV II, 68 erwähnt (Böcking 296,29; Hinw. Goetze 1904, S. 365; vgl. Brunet 1862, S. 396): Sententiarum variationes, seu Synonyma. [ital./lat.] Venedig 1480. [dass. dt./lat. Augsburg: Günther Zainer] 1477. Straßburg: Johann Prüss 1487 (u.ö.). Eine Anleitung zum Schreiben lateinischer Briefe; auf eine italienische/deutsche Formulierung folgt jeweils ein halbes Dutzend lateinischer synonymer Redewendungen.- Johannes Jakob Rabus (ADB 27, 1888, 95-97), Mitschüler Fischarts in Straßburg, Konvertit und Verfasser von Kontroversschriften gegen Nigrinus u.a. Vgl. Fischarts gegen Rabus gerichtete Streitschrift Nacht-Rab. Hauffen 1908, S. 5, verweist auf: Vocabularius rerum auctore Wenzel Brack. Augustae 1478 (Hain 3897 ff.). - Zu etymologisare vgl. Goetze 1904, S. 366.
  • Iodoci de Calve Prædicatoris in Heidelberga Expositor Vocabulorum ] Johann Melber von Gerolzhofen verfasste ein lat.-dt. Wörterbuch zu den von Jodocus Eichmann aus Calw gehaltenen Predigten, den Vocabularius Predicantium (Hinw. Hauffen 1908, S. 5); auch Nürnberg 1483; Straßburg 1482. 1486; Augsburg: Anton Sorg 1489. Erwähnt von Gessner: Catalogus 1583, S. 514. - expositor, lat. 'Ausleger'.
  • Horlogium Sapientiæ ] Die lateinische Fassung von Heinrich Seuses Büchlein der ewigen Weisheit: Horologium (aeternae) sapientiae. Ein Dialog zwischen der Ewigen Weiheit und ihrem Diener über das Leiden Christi und der Nachfolge des Gläubigen. Gedruckt u.a. Köln 1501.[66] - zwischen 1480 und 1539 erschienen zehn Drucke; Weinrich übersetzt 207,24: "Uhr der Weisheit"; recte: 'Stunden(gebet)büchlein'.
  • sampt dem Tonario Musicorum, und Matriculario ] Konrad von Hirsau, der in Speyr das Amt des Matricularius (Canonicus, Dompfaffe; Graff 3, 330) innehatte, schrieb De musica et tonis (verlorenes Werk mit dem Incipit "Musica est secundum cuiusdam") und einen Matricularius (Gessner: Bibliothek 1545, fol. 183 r; Jöcher I, 2053). Der Dialog "De mundi contemptu vel amore" (Gespräch eines Klerikers mit einem Mönch) soll mit dem Matricularius identisch sein (Constant J. Mews: Monastic educational culture revisited: The witness of Zwiefalten and the Hirsau reform. In: Medieval Monastic Education. Ed. by George Ferzoco and Carolyn Muessig. London 2000, S. 182-197, hier S. 193); Edition: Dialogus de mundi contemptu vel amore attribué a Conrad d'Hirsau. Ed. Robert Bultot. 1966; vgl. zur ungesicherten Zuschreibung der von Gessner genannten Werke an Konrad von Hirsau Jutta Seyfarth: Einleitung. In: Speculum virginum. Ed. J. S. Turnhout 1990 (CCCM 5), S. 37* f.
  • Passavanto mit dem Commento ] Garg. "Passavantus cum commento" - Jacobo Passavanti (Giacomo P.; gest. 1357) hatte sich wichtig gemacht als Verfasser kleinerer Anmerkungen zu Thomas Valois' u. Nicolas Trivets Kommentaren zu Augustins De civitate dei (Hauffen u. Regis II,1,74; Nyssen 207,24; vgl. Schrader, S. 464); Gessner 1583, S. 582: "Iacobi Passavanti additiones in Commentarios Thomae de Valois in August. de ciuitate Dei, excusae sunt olim cum iisdem commentarijs in folio."[67] - Regis zitiert Vives[68] Äußerung über Passavanti: "At Thomae Valois et Nicolao Trivet prodiit velut succenturiatus Jacobus Passavantius, quem nomen ipsum indicat fuisse scurram aliquem festivum qui sodalitium totum oblectabat, cui, ut credo, per jocum, lusumque nomen Passavant est a reliquis fratribus inditum." /"Aber dem Thomas Valois und Nicolaus Trivet stellte sich Jacobus Passavantius als Nachfolger voran. Sein Name weist ihn aus als irgendeinen fröhlichen Narren, der die ganze Bruderschaft ergötzte und dem, wie ich glaube, im Scherz und Spiel der Name Passavant (Nichtwissender) von den übrigen Brüdern zugelegt wurde." (Jo. Lodov. Vivis Valentini, in suos commentarios ad libros de Citvitate dei. In: Sancti Aurelii Augustini Opera omnia Bd. 11 = Migne PL 46 [1861], Sp. 439-452, hier 452). - Bachorski 1995, S. 274: "Am Ende gipfelt diese vorgeblich seriöse Aufzählung von Wissen in einem einzigen 'Commento' zum 'Passavanto', zum Nicht-Wissen und Nicht-Weisen." (Bachorskis nimmt vermutlich an, daß Passavanti ein von Fischart erfundener Autor ist). - Die Deutung von Passavantus als 'pas savant' (die sich bei einem Leser Rabelais' noch einstellen könnte) auch bei Nyssen 207,24 u. Schank 1974, S. 401.
  • Dormi securè auf die hohe Fest] Garg. "Dormi secure, pour les fêtes" - Dormi secure. ca. 1480;[69] scherzhaft 'Schlafe sanft' genannt; eine Muster-Predigtsammlung, die es faulen und unfähigen Predigern ermöglichen soll, Predigten zu halten, zu deren Ausarbeitung sie selbst nicht fähig sind; [Johannes de Verdena:] Sermones Dormi secure. de tempore et de sanctis. Louvain: Johannes de Westfalia, ca. 1483. Straßburg 1487 [Pars 1: Münster UB: Inc. 480]. Straßburg: Grüninger 1500. - Rabelais u. Fischart denken wohl an eine Auswahl (Predigten für die hohen kirchlichen Festtage): sie sind in den Sermones de tempore und de sanctis enthalten (nicht, wie Weinrich 207,24 übersetzt: "Und Schlafe sicher auf den hohen festen"). Luther (An die Burgermeyster und Radherren allerley stede ynnn Deutschen Landen [dass sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen], 1524) zählt Dormi secure zur den unnützen Mönchsbüchern: "Und an stat rechtschaffener bücher die tollen unnützen schedlichen Müniche bücher Catholicon, Florista, Grecista, Labyrinthus, Dormi secure und dergleichen esels mist vom Teuffel eyngefurt ist, das damit die Lateinische sprache zu boden ist gangen und nyrgent keyn geschickte schule noch lare [Lehre] noch weyse zu studirn ist uber blieben" (WA 15, 27-53, hier S. 50,9 ff.).
  • deßgleichen Haars ] "derselben art" (DWB 10, 18: Haar III 14, mit dieser Stelle).
  • Frascari ] f., ital. frascheria, 'unnützes, dummes Zeug', 'läppische Handlung', literarische Nichtigkeit (fehlt bei Nyssen); vgl. EOV (Böcking 25,25) "dixit quod mea argumenta sunt frascariae et non habent effectum" (Hinw. Goetze 1904, 366).
  • Rebaldri ] f., ital. ribalderia, 'Schurkenstreich', 'Machwerk'; vgl. EOV I, 25 (Böcking 37,33) "ista ribaldria, scilicet facultas poetarum" (Hinw. Goetze 1904, 366).
  • Freterei ] Fretterei, f. (DWB 4, 140 mit dieser Stelle), Handeln eines 'Fretters', m. 'Quäler, Schinder', "zumal lehrer, die die kinder quälen" (DWB 4, 140); vgl. Gkl:komm:kap18#276: "was sind diser Fretter Künst als Kuntzenwerck vnnd Kühdunst"; Praktik C, Bl. F 6r (SW 1, 378,30): "Fretter aus der Fretterei".

Absatz 12

  • zubehelffen haben ] behelfen, v. sich behelfen mit: sich einer Sache bedienen.[70]
  • daß man dem Grind kratz gar lind ] Vgl. Wander, Grind 4: "Grind kratze lind!" (ohne Nachweis).

276

  • Träher ] Dreher, m. 'Drechsler',[71] der u.a. Holzbecher drechselt.

Rezeption

  • Eberhart Werner Happel: Der Akademische Roman/ Worinnen das StudentenLeben fürgebildet wird. Ulm: Wagner 1690, Buch I, Kap. 40, [S. 474-478]

Literatur zu diesem Kapitel:

  • Bachorski 2006, 396 (Schultexte)
  • Gustave Brunet: Lettre Bibliographique a M. Paul Lacroix sur le catalogue Rabelaisien de la bibliothèque de Saint-Victor. In: Catalogue de la bibliothèque de l'Abbaye de Saint-Victor au seizième siècle rédigé par Francois Rabelais. Commenté par le bibliophile Jacob [Paul Lacroix]. Paris: J. Techener 1862, S. 391-406, hier S. 394-396. [Digitalisat]
  • Kellner 2008, S. 158-161 (Schultexte, Vokabelheft).
  • Mäder 1893, S. 28-31.
  • Hans-Josef Niederehe: Gargantuas Schulbücher oder Das Problem des Fortschritts in der Sprachwissenschaft. In: Romanisches Jahrbuch 24 (1973), S. 50-60.
  • Schilling 2011, S. 79-80 (Gargantuas lateinisches Vokabelheft).


An der Kommentierung diese Kapitels waren beteiligt:

Vjekoslav Boban, Regina Derr, Eckard Friedrichs, Marcel Junkereit, Vilma Klingaite, Maren Leitenberger, Anna-Maria Levers, Sarah Möller, Henriette Scholtz, Melanie Vahland (November 2017), Elke Bauer, Ulrich Seelbach

  1. DWB 20, 80 f.: strotzen 2
  2. DWB 29, 823: wichtig A 1 b
  3. DWB 8, 971-975
  4. DWB 3, 985
  5. DWB 9, 319-325: Grille II B
  6. DWB 18, 2755-2767
  7. ElsWB 2, 571a
  8. DWB 27, 2170-2172
  9. DWB, 1, 278, ohne nähere Erklärung
  10. ElsWB 1, 40a, s.v. Amlung
  11. Hinw. Lefranc I,14,2; Schrader, S. 463
  12. DWB 12, 2764
  13. DWB 22, 1750
  14. DWB 13, 1691
  15. DWB 1, 1596
  16. DWB 24, 1908, unterwinden A I 3
  17. DWB 14, 1828, nur diese Stelle
  18. DWB 19, 874
  19. DWB 10, 1558
  20. DWB 11, 665
  21. DWB 28, 997, Weinstrasze 3
  22. DWB 20, 759 f., stutzen A 4
  23. DWB 20, 759 f., stutzen B 1
  24. DWB 3, 1363
  25. DWB 3, 1363-1365
  26. DWB 14, 808: rennen II 1
  27. DWB 12, 739 s.v. leitig, adj. mit dieser Stelle
  28. DWB 31, 404, mit dieser Stelle
  29. DWB 3, 23: Ecke 4
  30. DWB 13, 1703; pfinne, finne, f. ebd., eine Krankheit des Hausschweins
  31. Vgl. Hauffen, Euph. 20 (1913a), S. 335 (holländisch); Spengler (1969), S. 307 (niederdeutsches Wortgut); Bachorski (2006), S. 406 (niederdeutsch).
  32. DWB 14, 1650
  33. DWB 13, 1541
  34. DWB 11, 70
  35. Vgl. noch: "nemlich die Kiriath Arba/ des Vaters Enak/ das ist Hebron" (Josua 15,13); 4 Mose 13,22: "vnd kamen biß gen Hebron/ da war Ahiman/ Sesai vnd Thalmai/ die kinder Enak [Enach]. Hebron aber war sieben jar gebawet vor Zoan in Egypten" (zit. nach der Luther-Bibel 1545).
  36. DWB 2, 1182
  37. Hinw. Hauffen 1908, 282 (Gkl. 1590, S. 270,14-271,22 und 272,2-8).
  38. DWB 10, 126, mit dieser Stelle
  39. DWB 2, 410 f.
  40. DWB 10, 99
  41. DWB 11, 852 - die moderne Assoziation "Küss ihn" (Nyssen und Schilling 2011, S. 80) ist ausgelöst durch die heute ungewohnte Rundung des Vokals, hier jedoch 'sitzt man - wie auf einem Kissen - im Dreck'.
  42. DWB 13, 1265 f.
  43. DWB 2, 488
  44. DWB 11, 166 f.
  45. DWB 2, 2
  46. DWB 12, 1852 f.
  47. DWB 28, 944-948
  48. DWB 11, 2530-2532
  49. DWB 10, 264 f., mit dieser Stelle
  50. DWB 11, 627
  51. DWB 13, 626
  52. DWB 17, 1386-1393
  53. DWB 2, 1733; DWB 22, 1871; im DWB 2, 1287 wird unter Dormel m. (dormelig, dormeln) nur ein Blindverweis auf Turmel, Tormel geboten
  54. DWB 15, 1854
  55. DWB 11, 57
  56. DWB 9, 1102 und s. v. Kompost DWB 11, 1686-1688
  57. DWB 5, 2314, Gehäck 5
  58. Hinw. Lefranc I,14,20; Nyssen 204,39; Schrader, S. 463
  59. DWB 4, 1652
  60. Lefranc I,14,40; Steinsieck 56,5; Nyssen
  61. Hinw. Hauffen 1908, S. 4
  62. Lefranc I,14,42; Nyssen 206,14; vgl. Schrader, S. 464
  63. HInw. Hauffen 1908, S. 6
  64. Hinw. Hauffen 1908, S. 6; Nyssen
  65. Hinw. Brunet 1862, S. 396, Hauffen 1908, S. 5
  66. Hinw. Hauffen 1908, S. 6
  67. Nicht gemeint sein kann das volkssprachige Werk (das hier unter den Schulbüchern nichts zu suchen hat): Specchio della vera penitenza. Firenze 1495/96 u.ö. (Lefranc I,14,43: der 'Passavanti'; so auch Defaux 186,15; Regis gibt an, daß dieses Werk bei den Zeitgenossen geschätzt war, nicht, daß es hier gemeint ist.
  68. ohne Angabe des Werks u. der Stelle
  69. Nyssen, mit Zuschreibung an Matthias Hus; Verf. ist Joh. de Verdena
  70. DWB 1, 1334
  71. DWB 2, 1366